Ich habe im Bundestag einen überparteilichen Antrag unterstützt, der eine Beratungspflicht bei Spätabtreibungen vorschreibt. Unsere Meinung dazu, hat mein Kollge Johannes Singhammer in seiner Bundestagsrede vor der Abstimmung am 13. Mai 2009 beschrieben:
"Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für dieses Parlament. Vor einem Jahr hätte sich kaum jemand vorstellen können, dass es eine breite parlamentarische Basis für zumindest ein Ziel gibt: die Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Aha!) Bei unserem Gruppenantrag haben sich Kolleginnen und Kollegen zusammengefunden, die nicht in einem fortwährenden engsten Schulterschluss stehen, sondern aus verschiedensten Fraktionen kommen, wie es bester parlamentarischer Tradition entspricht. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Unser gruppenübergreifender Antrag hat ein Ziel: Wir wollen Frauen und ihren Angehörigen in einer existenziellen Notlage helfen, und wir hoffen darauf, dass die Zahl der Spätabtreibungen sich verringert. Wir wollen nachprüfbare Verbesserungen und es nicht bei weißer Salbe belassen. Was ist die wichtigste Hilfe, die man anbieten kann? Die wichtigste Hilfe für eine schwangere Frau, die in einem Gespräch mit dem Arzt mit einer für sie so schlimmen Nachricht konfrontiert wird, ist das Recht auf umfassende Beratung und die Verpflichtung des beratenden Arztes, darauf einzugehen. Diese Verpflichtung ist Teil eines Bündels von Pflichten. Neben der Beratungspflicht hat der Arzt die Pflicht, weitere Ärzte hinzuzuziehen, die spezielle Erfahrungen haben. Außerdem gibt es eine Hinweispflicht in Bezug auf psychosoziale Beratungsstellen und eine Vermittlungspflicht in Bezug auf psychosoziale Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen. Eine Mindestbedenkzeit ab Diagnosestellung ist keine zusätzliche Belastung, sondern in diesem Programm der erweiterten Unterstützung notwendig. Dabei ist uns besonders wichtig, dass die Zeit zum Nachdenken mit der Diagnosestellung beginnt, also mit dem Zeitpunkt, an dem die Frau mit der Nachricht konfrontiert wird, denn dann braucht sie diese Zeit. Nach dem anderen Gesetzentwurf soll dieser Zeitraum erst beginnen, wenn der Arzt seinen Entscheidungsprozess mit der Indikation beendet hat. Das ist ein späterer Zeitpunkt, was wir als nicht so günstig empfinden. Ich möchte mich an dieser Stelle vor allem für die positive Begleitung bedanken, die wir von Verbänden und Institutionen erhalten haben. Ich möchte gerade zu dem Punkt der Zeitdauer des Nachdenkens für die Unterstützung durch viele Zuschriften danken, beispielsweise der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, die noch am 4. Mai dieses Jahres erklärt hat, dass die Mindestbedenkzeit von wenigstens drei Tagen „zeitlich vor der Zumutung möglichst rascher Entscheidung“ geschützt zu werdender Frauen dient. Es ist immer wieder die Frage nach der Statistik aufgetaucht. Statistik ist in diesem Gesamtzusammenhang sicherlich eine Thematik, die nicht direkt im Zentrum steht. Warum brauchen wir also eine statistische Verbesserung? Wir brauchen sie deshalb, weil Politik, Experten und Ärzte keine belastbaren Zahlen haben. Das hat beispielsweise die Bundesärztekammer bei der Anhörung im Familienausschuss erklärt und darauf hingewiesen, dass es noch Lücken gibt, die präzise Aussagen verhindern. In den letzten Tagen hat die Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung noch einmal eindringlich dafür geworben, klare Erkenntnisse darüber zu gewinnen, welche Zahlen zutreffen und welche Dimension die Problematik, über die wir heute reden, hat. Deshalb werbe ich für diese statistische Erhebung. Am Ende einer manchmal sicherlich auch emotional, aber immer mit großer Ernsthaftigkeit geführten Debatte außerhalb und innerhalb des Deutschen Bundestages möchte ich allen danken, die in einem langen und sehr intensiven Diskussionsprozess das Trennende verkleinert und das Gemeinsame erweitert haben. Ich danke allen, die über Fraktionsgrenzen und über sonst festgefügten politischen Blöcken hinweg die gesetzlichen Rahmenbedingungen verbessern wollen. Ich weiß, dass dabei viele bis an die Grenze des Zumutbaren für sich selbst und für ihre politischen Freunde gegangen sind. Ihnen allen danke ich. Die Mühe hat sich gelohnt. Ich bitte um Zustimmung für unseren Gesetzentwurf. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)