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ZUM AUSGANG DER NRW-WAHL

01. Juni 2010
habe ich ein Editorial für die Monatsschrift zu Fragen der Zeit DIE POLITISCHE MEINUNG geschrieben. Die CDU muss sich wieder stärker darauf konzentrieren, ihre eigene Position den Bürgern zu erklären und darf sie nicht nicht in vorauseilender Koalitionstreue verdecken.
ZUM AUSGANG DER NRW-WAHL

 

 

 

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Editorial für DIE POLITISCHE MEINUNG - Juni 2010
von Stephan Eisel

Bei den NRW-Wahlen am 9. Mai 2010 haben teilweise die gleichen Gründe zur Niederlage der CDU geführt, die fünf Jahre zuvor ihren Erfolg ermöglichten. 2005 folgte die CDU-Wahlkampfstrategie dem alten chinesischen Sprichwort: „Hast Du einen Feind, setzte Dich an den nächsten Fluß, und warte, bis seine Leiche vorbeitreibt".

Bei hoher Wahlenthaltung von SPD-Wählern erreichte die CDU in einer Protestwahl gegen Rotgrün 44,8 Prozent. Zusammen mit der FDP reichte es knapp für die Mehrheit. Die Folge war ein bundespolitisches Beben mit vorgezogener Bundestagswahl und dem Regierungswechsel von Gerhard Schröder zu Angela Merkel und zur großen Koalition.

Das alles geschah erst vor fünf Jahren und scheint doch so lange zurück zu liegen. Längst haben sich die Menschen an Bundeskanzlerin Angela Merkel gewöhnt und viele erinnern sich nicht mehr daran, wer der Vorgänger von Jürgen Rüttgers war. Der rotgrüne Schrecken war verblasst.

So kam es 2010 wieder zu einem Wahlkampf ohne mobilisierendes Thema, doch diesmal saßen die Konkurrenten der CDU am Ufer des Flusses: Von den 3,6 Millionen CDU-Wählern des Jahres 2005 wanderten 2010 fast zehn Prozent (330.000) ins Lager der Nichtwähler und weitere 110.000 zu Splitterparteien. Zudem wurden 113.000 ungültige Stimmen abgegeben (1,4 %!!!).

Mit 6.200 Stimmen hat die CDU knapp die Nase vor der SPD, die ihr seit 1954 schlechtestes Ergebnis ausgelassen als Wahlsieg feierte - man fühlte sich an den Realitätsverlust von Gerhard Schröder am Abend der Bundestagswahl 2005 erinnert.

Die CDU-Verluste waren vordergründig ein Denkzettel für den schwachen Regierungsstart in Berlin und die Folge der Bedeutungslosigkeit von Landesthemen (und damit auch der Erfolgsbilanz der Regierung Rüttgers). Eine Rolle spielten auch Verunsicherungen um die Griechenlandhilfe und Verwirrungen um die Landesgeschäftstelle der Partei.

Entscheidender aber bleibt die grundlegende Frage nach dem Profil der Union. Die Langzeitfolgen von Kompromissen in der Berliner großen Koalition wirken hier ebenso vernebelnd wie eine zunächst übertriebene Zuneigung zum „Wunschpartner" FDP.

So hat die CDU zu spät ausgesprochen, was die Bürger längst eingesehen hatten: Angesichts der Staatsverschuldung gibt es keinen Spielraum für Steuersenkungen. Schädlich waren auch Zögerlichkeiten bei den seit zwei Jahren versprochenen schärferen Regeln für die Finanzmärkte: Fehlender globaler Konsens begründet keinen Entscheidungsverzug, sondern verdeutlicht nur die Notwendigkeit, selbst voranzugehen. Das ist jetzt endlich in Gang gekommen.

Nichts gegen späte Einsicht, aber frühe Klarheit ist besser. In Berlin verdeckt vorauseilende Koalitionstreue zu oft die eigene Position. Anstatt Kompromisse vorweg zu nehmen, muss die CDU mehr Energie darauf verwenden, den Bürgern zu erklären, wofür sie selbst steht. Das gilt umso mehr angesichts der zu erwartenden schmerzlichen inhaltlichen Zugeständnisse in Folge der neuen Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat und einer eventuellen großen Koalition in Düsseldorf.

Dort hat die SPD vor Aufnahme von Gesprächen mit der CDU eine Koalition mit der Linkspartei „sondiert". Die Grünen machten nicht nur mit, sondern trieben an - obwohl sieben von elf Landtagsabgeordneten der Linkspartei zu verfassungsfeindlichen Organisationen gehören. Dieser unwürdige Sondierungsexkurs ist mehr als ein Kollateralschaden des nordrhein-westfälischen Wahlergebnisses. Mutwillig wurde einmal mehr der notwendige Konsens der Demokraten in der klaren Abgrenzung von jedwedem Extremismus beschädigt.

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