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ZEHN JAHRE WEB 2.0

21. August 2014
Zum 10. Geburtstag des Web 2.0 hat Radio Bremen / NDR ein Interview mit Stephan Eisel geführt: “Man muss die Grenzen des Internets kennen, um die Chancen vernünftig nutzen zu können.”
ZEHN JAHRE WEB 2.0

 

Das vollständige Interview finden die hier.

Die Grenzen der Online-Demokratie

Projekt “Liquid Friesland”

Web 2.0 und Politik: Vor zwei Jahren hat der Landkreis Friesland, als erste Kommune weltweit, die Online-Plattform “Liquid Friesland” an den Start gebracht. Bürger können sich dort online direkt an politischen Entscheidungsprozessen beteiligen. Wie steht es heute um das Projekt? Wir sprechen darüber mit Stephan Eisel, Leiter des Projekts “Internet & Demokratie” der Konrad-Adenauer-Stiftung.

“Liquid Friesland” startete mit großen Erwartungen, der Erfolg des Projekts blieb bis jetzt aber aus. “Es war im Prinzip ein Flop, weil sich die Bürger an diesem Angebot so gut wie gar nicht beteiligt haben. Wer heute die Plattform besucht, der sieht, dass seit Monaten überhaupt nichts los war. Es sind nur ca. ein Dutzend Leute, die sich dort gelegentlich bemerkbar machen. Insofern ist dieser Weg ein gescheiterter Weg”, sagt Stephan Eisel.

“Politik ist im Netz eine ganz kleinen Nische”

Der Politiker und Autor sieht dafür mehrere Gründe: Etwa 25 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung über vierzehn Jahre würden sich gar nicht im Internet bewegen und diejenigen, die online wären, konzentrierten sich dann auch auf andere Dinge. “Politik ist im Netz eine ganz kleine Nische. Das Internet ist überwiegend ein Spielplatz und ein Marktplatz. Das muss man bei solchen Angeboten, die mit Politik im Web zu tun haben, berücksichtigen. Man muss die Grenzen des Internets kennen, um seine Chancen überhaupt sinnvoll nutzen zu können”, beurteilt Eisel die Lage.

Liquid Friesland
Online-Plattform des Landkreises Friesland, durch die eine neue Form der Bürgerbeteiligung realisiert werden soll. Das Programm soll die demokratischen Willensbildung und Entscheidungsfindung unterstützen. Mehr Infos.
Liquid Friesland ist kein Einzelfall für gescheiterte Online-Beteiligungsverfahren. Und man kann sich fragen: Will niemand politisch mitmischen im Internet? Das Netz sei eine zusätzliche Plattform für politisch Interessierte, aber es mobilisiere kein neues Politikinteresse, das müsse man wissen, so Eisel. “Deswegen ist es auch sehr kritisch zu betrachten wenn online, wie beispielsweise bei “Liquid Friesland”, Abstimmungsmöglichkeiten angeboten werden, weil das den Eindruck erweckt, als hätte das Internet eine demokratische Legitimität bei solchen Dingen.”

“Für viele steht Politik nicht im Mittelpunkt. Das hat das Netz nicht geändert”

Neue Zielgruppen, die viel im Netz unterwegs sind und sich bisher nicht so sehr für Politik interessiert haben, lassen sich auch durch Angebote wie “Liquid Friesland” nicht erreichen, sagt Stephan Eisel: “Ursprünglich, als das Internet entstanden ist, ging man davon aus, das läuft in der Politikwissenschaft unter der sogenannten Mobilisierungsthese. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass das gar nicht eingetreten ist. Man spricht von der Verstärkungsthese, das heißt diejenigen, die sich politisch engagieren, haben dafür noch mal zusätzlich eine Plattform. Wenn man sich politisch interessiert, muss man eben auch wissen, dass es sehr viele Menschen gibt, für die Politik nicht im Mittelpunkt steht und die Tatsache hat das Internet nicht geändert.”

“Liquid Friesland” geht weiter

Der Kreistag in Friesland hat beschlossen “Liquid Friesland” trotz des bisherigen Misserfolgs erstmal fortzusetzen. Eisel sieht das mit gemischten Gefühlen: “Ich habe gar nichts dagegen, dass das jetzt noch mal ein Jahr oder so ausprobiert wird und man dann noch mal Bilanz zieht. Man muss nur so ehrlich sein, wenn man ein Experiment startet, das man irgendwann Bilanz zieht und sagt, ob das Experiment gescheitert ist oder nicht.”

Quelle: Radio Bremen 12. August 2014

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