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Stephan Eisel
CDU: Markenkern und Regierungsteam
In diesen Tagen ist viel davon die Rede, was die CDU eigentlich unverwechselbar macht. Die Medien überhöhen dabei gerne Köpfe zu programmatischen Eckpfeilern. Natürlich werden Inhalte auch durch Personen vermittelt, die wegen ihrer herausragenden Ämter in der ersten Reihe stehen. Wichtiger aber ist das inhaltliche Fundament. Wer dabei über die Wurzeln der CDU nachdenkt, sollte nachlesen wie Konrad Adenauer am 24. März 1946 in seiner berühmten Kölner Universitätsrede zeitlos gültig den programmatischen Kern der CDU beschrieben hat:
„Der Fundamentalsatz des Programms der CDU, der Satz, von dem alle Forderungen unseres Programms ausgehen, ist ein Kerngedanke der christlichen Ethik: die menschliche Person hat eine einzigartige Würde, und der Wert jedes einzelnen Menschen ist unersetzlich. Aus diesem Satz ergibt sich eine Staats-, Wirtschafts- und Kulturauffassung, die neu ist gegenüber der in Deutschland seit langem üblichen. Nach dieser Auffassung ist weder der Staat, noch die Wirtschaft, noch die Kultur Selbstzweck; sie haben eine dienende Funktion gegenüber der Person. Die materialistische Weltanschauung macht den Menschen unpersönlich, zu einem kleinen Maschinenteil in einer ungeheuren Maschine, sie lehnen wir mit der größten Entschiedenheit ab. ... Wir nennen uns christliche Demokraten, weil wir der tiefen Überzeugung sind, daß nur eine Demokratie, die in der christlich-abendländischen Weltanschauung, in dem christlichen Naturrecht, in den Grundsätzen der christlichen Ethik wurzelt, die große erzieherische Aufgabe am deutschen Volke erfüllen und seinen Wiederaufstieg herbeiführen kann.“
Wegen dieses ausdrücklichen Bezugs auf die christliche Ethik wollen die Bürger gerade von einer „C“-Partei wissen, warum bestimmte politische Vorschläge gemacht werden und welches Werteverständnis dahinter steht. Sie fragen nach der „C“-Fähigkeit der Politik und der Politikfähigkeit des „C“. Für die C-Parteien ist deswegen die Antwort auf das Warum, also die Begründung ihrer Politik mindestens ebenso wichtig wie die Erklärung des Wie, also der Umsetzung. Für die CDU lautet die entscheidende Frage nicht: „Was ist konservativ ?“ oder: „Was ist liberal?“, sondern: „Was ist christlich-demokratisch?“ Die neue Regierungsmannschaft der CDU wird umso erfolgreicher sein, um so mehr sie darauf eine Antwort geben kann.
Das christliche Menschenbild ist der Markenkern der Christlich Demokratische Union, der sie von von konservativen oder liberalen Parteien unterscheidet. Es weiß um die unveräußerliche Würde aller Menschen, ihre Verschiedenartigkeit und zugleich Gleichwertigkeit sowie die Unvollkommenheit aller. Daraus leiten sich die Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität ebenso ab wie die Ablehnung aller Ideologien. Es geht darum, eine Gesellschaft gestalten, die die Würde des Menschen sichert, Verschiedenartigkeit achtet, Gleichwertigkeit gewährleistet und um die Unvollkommenheit aller weiß. In der Bindung an diesen Markenkern haben auch Konservative und Liberale ihre Heimat in der CDU.
Wenn sich eine Partei in diesem Sinn ausdrücklich nicht auf die Beliebigkeit der Zeitläufte, sondern auf die zeitlose Gültigkeit ihrer Grundsätze beruft, muß sie den politischen Gestaltungswillen, der ihren Entscheidungen zugrunde liegt, besonders klar beschreiben. Die Kompetenz zur Krisenbewältigung ist wichtig und wird von den Bürgern bei den Unionsparteien mehr als anderen Parteien vermutet, weil sie durch konkretes Regierungshandeln nachgewiesen wurde. Die Sicherung des Bestehenden gegen Krisen beantwortet aber nicht die Frage der Menschen nach dem Weg in die Zukunft. Hier muss die CDU wieder besser werden.
Wer das christliche Menschenbild zum Maßstab hat, darf sich nicht an den Launen des Zeitgeistes orientieren. Deshalb sind die Schlagzeile des nächsten Tages, Retweets auf Twitter oder Likes auf Facebook oder die Häufigkeit von Talkshow-Auftritten kein Erfolgsmaßstab. Entscheidend ist die Stimmigkeit zwischen aktuellem Handeln und grundsätzlicher Orientierung. Wer dem Zeitgeist nachläuft und ihn nicht zu formen sucht, geht in den Tsunamis einer sich ständig beschleunigenden und oft irrational dramatisierenden Mediengesellschaft unter. Dem Volk aufs Maul schauen, heißt eben nicht, ihm nach dem Munde reden: Zuhören ist die Voraussetzung und nicht der Ersatz für politische Führung.
Das ist der Maßstab, an dem sich die Regierungsmannschaft der CDU messen lassen muss. Es ist Angela Merkel gelungen, eine gute Mischung aus neu und erfahren vorzuschlagen. Die Neuen haben jetzt die Chance, sich in ihrer Aufgabe zu bewähren. Die Erfahrenen haben die Chance, neuen Schwung zu zeigen. Das gilt auch für Angela Merkel selbst – gerade weil sie die Nummer 1 ist.
Für das politische Profil der CDU ist es wünschenswert, dass die Fachminister ihre Aufgabe mit Kompetenz und Ernsthaftigkeit, aber nicht wie beamtete Staatssekretäre wahrnehmen, sondern immer wieder deutlich machen, warum ihre politische Heimat die Christlich-Demokratischen Union ist.