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EINE ZWISCHENBILANZ IM WAHLJAHR 2011

20. Mai 2011
ist nach vier von sieben Landtagswahlen angebracht - zumal dieses Superwahljahr die Halbzeit auf dem Weg zur Bundestagswahl 2013 markiert. Gewinner sind die GRÜNEN, Verlierer FDP und SPD. Die Wahlergebnisse zeigen aber insbesondere, dass die CDU vor grundlegenden Bewährungsproben steht.
EINE ZWISCHENBILANZ IM WAHLJAHR 2011

 

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Zwischenbilanz im Superwahl 2011

Mit Hamburg, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg liegen die Ergebnisse von vier der sieben Landtagswahlen dieses Jahres vor. Die Wahlen in Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin stehen noch aus. Aber es lässt sich eine Zwischenbilanz des Superwahljahres 2011 ziehen, das zugleich die Halbzeit der Legislaturperiode des Deutschen Bundestages markiert.

Nur die Wahl in Hamburg fand vor der Erdbeben-Katastrophe in Japan statt. Das erklärt abgesehen von besonderen regionalen Faktoren vielleicht, dass das Ergebnis dort teilweise nicht dem Trend entspricht.

Steigende Wahlbeteiligung
Mit Ausnahme von Hamburg (-5,2 Prozent) ist die Wahlbeteiligung bei allen Wahlen gestiegen. In Baden-Württemberg um 12,8 Prozent, in Sachsen-Anhalt um 6,8 Prozent und in Rheinland-Pfalz um 3,6 Prozent. Diese erfreuliche Entwicklung geht damit einher, dass Rechtsextremisten nirgends den Einzug in die Parlamente schafften und das Wachstum der LINKEN wurde gestoppt.

Die GRÜNEN sind die Gewinner
Bei allen vier Landtagswahlen haben die Grünen zugelegt. Sie sind aus einer Landesregierung (Hamburg) ausgeschieden, aber zugleich in Stuttgart und Mainz in die Regierung eingezogen. Das ist nicht nur die Folge der neu aufgeflammten Kernkraft-Debatte, sondern auch der Konsequenz, mit der die GRÜNEN unabhängig von tagespolitischen Stimmungsschwankungen über Jahre hinweg ihre Überzeugungen vertreten. Dass die Partei jetzt vor neuen Bewährungsproben für ihre Glaubwürdigkeit steht, zeigt der inakzeptable und glücklicherweise gescheiterte Versuch, die in der Landesverfassung festgelegten Spielregeln für den Volksentscheid über Stuttgart 21 so zu verändern, dass das Ergebnis dann auch passt.

Die FDP ist der Verlierer
Der Absturz der FDP ist atemberaubend. In keinem der vier Bundesländer ist sie noch Regierungspartner. Die Ursachen liegen tiefer als dass sie durch das Auswechseln von Personen beseitigt werden könnten. Es ist vor allem die Strafe für viel Überheblichkeit. Bei der FDP denkt man an vieles, aber nicht an die Demut des Dienens am Gemeinwohl, die die Bürger von ihren Repräsentanten erwarten.

Die SPD bleibt in der Krise
Die SPD verharrt - mit Ausnahme von Hamburg - auf dem historischen niedrigen Simmanteil der Bundestagswahl 2009 und schafft den Weg zurück zur Volkspartei bisher nicht. Dies wird überdeckt dadurch, dass sie in allen vier Bundesländern zur Regierungspartei wurde. Dabei hat sie von der der CDU über die GRÜNEN bis zur LINKEN alle Koalitionsoptionen und wird sie wegen der damit verbundenen Machtoptionen auch nutzen und sich deshalb auch mit der Rolle als Juniorpartner anfreunden.

Die CDU vor grundlegenden Bewährungsproben
In Rheinland-Pfalz hat sich zwar gezeigt, dass die CDU auch zulegen kann. Aber schwerer wiegt nach der Niederlage in Düsseldorf 2009 der Verlust zweier weiterer Landregierungen. Dabei spielte aktuell vieles vom Personellen bis zu den Auswirkungen der Kernenergiedebatte eine Rolle.
Die Verunsicherung vieler Unionswähler hat aber tiefere Ursachen:
Zu oft wird der Grundkurs der Partei von aktualitätsorientierten Meinungsschwankungen verdeckt. Zu oft drängt sich der Eindruck auf, dass wichtige Entscheidungen eher Ergebnis von Loyalitätsbekundungen zu bestimmten Personen sind als solider Sachdiskussionen - beispielsweise bei der Einführung des Elterngeldes statt des Erziehungsgeldes (von der Leyen), beim Thema embryonale Stammzellforschung (Merkel) oder der Abschaffung der Wehrpflicht (Guttenberg). Es irritiert auch, wie einfach es zur falschen Enthaltung der Bundesregierung im Weltsicherheitsrat zu Lybien und damit zur Distanzierung von wichtigen Bündnispartnern kam, wie schnell der neue Innenminister die von seinem Vorgänger betriebene Reform der Sicherheitsbehörden stoppte, wie nachdrücklich der neue Verteidigungsminister die von seinem Vorgänger beschleunigte Bundeswehrreform auf den Prüfstand stellt und wie im Vorbeigehen die erst 2009 beschlossene Sperrung von kinderpornographischen Seiten im Internet abgeschafft wurde. Dabei haben alle Beteiligten jeweils innerhalb kurzer Zeit sowohl der Ursprungsposition als auch ihrer Veränderung zugestimmt. Das bleibt dem Publikum nicht verborgen und so wird nur schwer als nachhaltige „Handschrift der Union" wahrgenommen. Auch die so empfundene variable Haltung der Union zu Themen wie der Nutzung der Kernenergie, der Europapolitik, die Bildungspolitik oder der Einführung von plebiszitären Elementen strahlen eher Orientierungslosigkeit aus als sie den Eindruck einer an Grundüberzeugungen ausgerichteten Tagespolitik vermitteln.
Wo Richtungsänderungen notwendig sind, hängt ihre Glaubwürdigkeit an einer intensiven Diskussion von unten nach oben, die auch Zeit braucht. Regionalkonferenzen sind wegen ihrer zufälligen Zusammensetzung und ihrem Charakter als Präsentationsforen für die Parteiführung dafür kein geeignetes Mittel. Nur wenn die Mitglieder in den Strukturen der Partei ihre Chance erhalten, die grundlegenden Positionen mit zu bestimmen, werden sie sich damit auch identifizieren und diese nachhaltig in der Gesellschaft vertreten. Im Blick auf die Bundestagswahl 2013 bleibt dafür nicht mehr viel Zeit.

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