Der Bonner Bundestagsabgeordnete spricht über politisches und privates Engagement, über Fragen der Finanzierung und der Qualität
(Generalanzeiger vom 22. März 2008)
Die Diskussion über das Beethoven Festspielhaus in Bonn hält an. Umbau der alten Beethovenhalle, kompletter Neubau, Finanzierung der Betriebskosten - vieles ist noch nicht geklärt.
Der Bonner CDU-Bundestagsabgeordnete Stephan Eisel ist für seine Fraktion der Berichterstatter für Bonner Kulturthemen im Kulturausschuss des Bundestages. Mit Eisel sprachen Ulrich Bumann und Bernd Leyendecker.
General-Anzeiger: Das Festspielhaus Beethoven wird auf dem Areal der Beethovenhalle stehen. Zumindest darüber sind sich alle Beteiligten einig. Diskutiert wird jetzt, ob die alte Halle umgebaut wird oder ob es einen komplett neuen Bau in Vorzeige-Architektur gibt. Was bevorzugen Sie?
Stephan Eisel: Es geht um eine angemessene Heimat für Ludwig van Beethoven, und das kann nur ein Konzertsaal mit Weltmaßstab sein. Das gilt für Akustik, Ausstattung, Umfeld und für die Architektur. Ob dieses Ziel durch Umbau oder Neubau erreicht wird, sollte man den Experten überlassen. Vorabfestlegungen wären falsch.
GA: Wie sieht der Zeitplan für den Bau des Festspielhauses aus?
Eisel: Zur Zeit wird die Bausubstanz der Beethovenhalle unter die Lupe genommen. Bevor es dann mit dem Bau konkret werden kann, muss die Stiftung gegründet werden, aus deren Kapitalerträgen später die Betriebskosten bestritten werden. Je schneller die Stiftung steht, umso eher trägt das Kapital Zinsen - schon bevor die ersten Betriebskosten anfallen. Vor 200 Jahren, im November 1808, wurde die "Schicksalssinfonie" von Beethoven uraufgeführt. Das Jubiläum ist ein guter Ansporn, das "Schicksal" des Projektes jetzt entschlossen in die Hand zu nehmen
GA: Man hat den Eindruck, dass in Teilen der Bevölkerung, aber auch in Teilen der Kommunalpolitik die richtige Begeisterung für dieses Unternehmen fehlt.
Eisel: Das liegt daran, dass die Informationen über dieses Projekt nicht offen und offensiv genug in die Öffentlichkeit getragen werden. Ich wünsche mir auch mehr politische Führung der Oberbürgermeisterin.
GA: Was wurde bisher versäumt?
Eisel:Es muss deutlicher werden, dass Bonn durch die Dax-Unternehmen und den Bund eine Riesenchance erhält, die wir aus eigener Kraft nie realisieren könnten. Warum rufen wir nicht einen "Runden Beethoven-Tisch" ins Leben, der die vielfältige Kompetenz, die es in unserer Stadt gibt, einbindet und für den Erfolg des Projektes nutzt? Mit verschränkten Armen setzt man nichts in Bewegung: Wir sollten uns vom Feuer der Musik Beethovens anstecken lassen.
GA: Aber zumindest in Karin Hempel-Soos, der Sprecherin des Kulturrats, hat man doch eine leidenschaftliche Vorkämpferin für das Festspielhaus, die auch in der Öffentlichkeit alles für dieses Projekt tut.
Eisel:Karin Hempel-Soos hat diese Leidenschaft, ohne die das Projekt überhaupt nicht in Gang gekommen wäre. Jetzt ist das eine Sache, die wir uns alle zu eigen machen müssen. Stadtspitze, Kulturpolitiker, Abgeordnete, aber natürlich auch die Bürger. Ich setze auf die gleiche Begeisterung, mit der die Bürger das von der Stadt vor ein paar Jahren abgeschaffte Beethovenfest wieder ins Leben gerufen haben.
GA: Die Begeisterung wird vielleicht dadurch gedämpft, dass manche befürchten, auf die Stadt, die sich ja an der Betreibergesellschaft des Festspielhauses beteiligen wird, kämen neue Kosten zu.
Eisel: Wir sprechen hier nicht über ein städtisches Projekt, sondern über einen klassischen Fall von Public Private Partnership: Privates Geld der Unternehmen kommt mit staatlichen Geldern zusammen. Ohne Stadt und Land sind jetzt 48 Millionen Euro an Stiftungskapital zugesagt, davon 39 Millionen vom Bund. Das reicht noch nicht aus. Auch die Stadt wird etwas zum Stiftungskapital dazutun müssen. Das geht, ohne den städtischen Haushalt zusätzlich zu belasten, weil die Stadt bei Realisierung des Projektes auch Geld einspart.
GA: Das hört man gern. Aber wie?
Eisel: Die Stadt gibt im Moment jährlich ca. eine Million Euro für den Unterhalt der Beethovenhalle aus. Wenn dort ein Konzertsaal steht, den die Stiftung trägt, entfallen diese Zahlungen. Außerdem: In den nächsten Jahren müsste man rund 20 bis 22 Millionen Euro für die unumgängliche Sanierung der alten Halle ausgeben. Auch dieses Geld wird gespart, wenn das Festspielhaus realisiert wird. Ein größerer Teil des gesparten Geldes sollte in die Stiftung fließen, anderes könnte man für die Haushaltssanierung oder für den Kulturetat nutzen.
GA: Können Sie sich vorstellen, dass man private Gelder für die Stiftung akquiriert?
Eisel: Wenn für die Dresdner Frauenkirche 120 Millionen Euro privates Geld gesammelt wurden, dann wird man auch für Beethoven einiges Geld zusammenbringen, bei uns in Bonn, in Deutschland und weltweit. Es gibt viele Möglichkeiten, von der Sonderbriefmarke bis zur Sponsorenplakette.
GA: Und wie sieht es mit der Bonner Wirtschaft aus, jenseits der drei Dax-Unternehmen, die die Halle bauen?
Eisel: Wir haben einen sehr soliden Mittelstand sowie viele nationale Verbände, die ihren Sitz in Bonn haben. Ich habe zahlreiche Gespräche geführt und bin überall auf positive Resonanz gestoßen. Viele sind bereit, etwas zu tun, wenn denn endlich der Startschuss gegeben wird.
GA: Wenn alles geregelt ist und die Halle steht: Woher bekommt dieses Haus sein Publikum? Köln, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Dortmund - die Konkurrenz an Konzerthäusern ist groß.
Eisel: Man fährt dorthin, wo Qualität geboten wird. Wir haben als Beethovenstadt die Chance und die Verpflichtung, hier an der Spitze zu stehen. Warum soll Bonn mit Beethoven nicht das schaffen, was Salzburg mit Mozart oder Bayreuth mit Wagner gelungen ist.
Zur Person:
Stephan Eisel, 1955 in Landau/Pfalz geboren, studierte Politische Wissenschaften, neuere Geschichte und Musikwissenschaft in Marburg und Bonn. Nach der Promotion (1985 in Bonn) war er unter anderem Redenschreiber im Bundeskanzleramt und stellvertretender Büroleiter von Helmut Kohl. Seit 1992 arbeitete er in der Konrad-Adenauer-Stiftung, zuletzt als Leiter der Hauptabteilung Politische Bildung. Seit September 2007 ist Eisel Mitglied des Deutschen Bundestages.
Zur im Interview nicht behandelten und entschiedenen Standortfrage möchte ich ergänzen:
Der Standort für das Festspielhaus muss drei Voraussetzungen erfüllen. Das entsprechende Grundstück
Diese Voraussetzungen werden nur auf dem Areal Beethovenhalle erfüllt. Dieses Areal hat zudem den Vorteil, dass seine Umfeld städtebaulich gestaltet werden kann, weil es sich teilweise in städtischen Zugriff befindet (z. B. Stadtwerke).