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DIE GRÜNEN SIND HAUPTVERANTWORTLICH

10. September 2020
für das Desaster bei der Luxussanierung der maroden Beethovenhalle, denn sie bestanden auf dem Erhalt der Halle und deren "denkmalgerechter" Sanierung. Die Gesamtkosten sind inzwischen auf über 160 Mio Euro explodiert, die Fertigstellung frühestens für 2024 vorgesehen.
DIE GRÜNEN SIND HAUPTVERANTWORTLICH

 

 

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Stephan Eisel

Wie es zum Desaster Beethovenhalle kam

Die Luxussanierung der Beethovenhalle ist eine der gravierendsten Fehlentscheidungen der jüngeren Bonner Stadtgeschichte. Noch 2012 hatte die Stadtverwaltung die Sanierungskosten mit nur 29,8 Mio € beziffert. Beim Sanierungsbeschluss 2015 waren es bereits 60,4 Mio €. Schon damals wurden ca. 6 Mio €, die bis dahin für Planungskosten ausgegeben waren, nicht mitgerechnet. Die neueste Kostenschätzung vom August 2020 liegt bei 160,2 Mio €. Das ist seit dem Sanierungsbeschluss eine Kostensteigerung von fast zwei Mio Euro monatlich. Zugleich verlängert sich die Bauzeit um fünf Jahre von der ursprünglich geplanten Fertigstellung 2019 zur jetzt geplanten Inbetriebnahme 2024. Vier Jahre weitere Bauzeit: Da sind eine weitere Kostenexplosion unvermeidlich und weitere zeitlich Verzögerungen sehr wahrscheinlich.

Dieser enorme Aufwand für eine marode Mehrzweckhalle wird betrieben, ohne dass es zu einer Verbesserung der Akustik kommt – denn es wird „denkmalgerecht“ saniert. Damit bleibt Bonn ohne einen den heutigen Ansprüchen genügenden Konzertsaal. Der Schaden für die Stadtkasse – also für die Steuerzahler in Bonn – ist enorm und der Imageschaden für die Beethovenstadt groß.

Zu diesem Desaster kam es, weil es vor allem die GRÜNEN unnachgiebig auf dem Erhalt der alten Halle bestanden. In der bisherigen Jamaika-Ratskoalition wehrte sich die Mehrheit der CDU-Fraktion und die FDP nicht gegen den Unsinn. Der damalige SPD-OB Nimptsch trägt dabei ein großes Maß an Mitverantwortung.

Was konkret geschehen war, zeigt ein kurzer Rückblick auf die Chronologie der Fehlentscheidungen:

  • Sommer 2009: Einstimmiger Beschluss der Jury des Architektenwettbewerbs unter Beteiligung von OB Dieckmann (SPD) die Beethovenhalle durch ein privat finanziertes Beethoven-Festspielhaus mit den Entwürfen „Diamant“ (Zaha Hadid) oder „Welle“ (Valentiny) zu ersetzen. CDU, SPD, FDP unterstützen das Vorhaben, GRÜNE und LINKE sind dagegen.
  • Herbst 2009: Der neu gewählte OB Nimptsch (SPD) verlässt den Konsens und plädiert dafür, die Beethovenhalle zu erhalten.
  • April 2010: Die privaten Investoren folgen dem Vorschlag von OB Nimptsch (SPD), das Festspielhaus auf Eis zu legen. Einen Ratsbeschluss gibt es dazu nicht. Nach massiven Protest aus der Bürgerschaft kommt es zu einem zweiten Anlauf für ein Festspielhaus.
  • 24.11.2011: Der Rat beschließt auf Vorschlag von OB Nimptsch (SPD) den Erhalt der Beethovenhalle als „multifunktionale Halle“ und beauftragt die Verwaltung damit „darzulegen, welche Betriebs- und Investitionskosten in welchem Zeitraum entstehen, um dieses Konzept umsetzen zu können.“
  • 18.07.2013: Der Rat beschließt auf Vorschlag von OB Nimptsch (SPD) 3 Mio € für „die Beauftragung von Planungsleistungen (Entwurfsniveau) im Hinblick auf eine Generalsanierung, bezogen auf eine multifunktionale Nutzung der Beethovenhalle“.
  • 07.05.2015: Der Rat beschließt in geheimer Abstimmung (48:27 Stimmen) auf Vorschlag von OB Nimptsch (SPD) weitere 3,2 Mio für die parallele Planung von zwei Sanierungsmodellen für die Beethovenhalle. Dieser Beschluss war der endgültige Sargnagel für das privat finanzierte Festspielhaus, aus dem der Hauptinvestor Deutsche Post DHL am 16. Juni 2015 ausstieg, weil für das Projekt „kein eindeutiger Schulterschluss innerhalb der Stadt zu erkennen ist“.
  • 10.12.2015: Der Rat beschließt in geheimer Abstimmung mit 43:35 Stimmen die Luxussanierung der Beethovenhalle und überstimmt damit den neu gewählten OB Ashok Sridharan (CDU), der dafür plädiert hatte, nur die Betriebssicherheit der Halle herzustellen. Er wird dabei von der SPD, einer Minderheit der CDU und dem Bürgerbund unterstützt. Für die Luxussanierung hatten sich die Grünen, die Mehrheit der CDU, die FDP und die Linke ausgesprochen.

So nahm das Unheil nahm seinen Lauf. Trotz vieler Katastrophenmeldungen von der Baustelle wurde der eingeschlagene Kurs nicht korrigiert. Dabei verlangte die Verwaltung dem Rat immer wieder unsolide Beschlüsse ab, die die Ratsmehrheit leider auch fasste. Dazu nur einige Beispiele:

  • Im Sanierungsbeschluss vom 10. Dezember 2015 steht wörtlich, dass eine „vertiefte Entwurfsplanung ... aufgrund der Komplexität noch nicht abgeschlossen werden„ konnte.
  • Am 7. April 2016 beschloss der Rat den nächsten Schritt, obwohl es im Beschlusstext ausdrücklich heißt, dass erst nach dem Ratsbeschluss (!) zur „internen Absicherung ... eine Plausibilisierung der vorgelegten Zahlenwerke durch das städtische Rechnungsprüfungsamt vorgenommen werden“ soll - und selbst das nur „auf einer kursorischen Ebene“.
  • Am 5. März 2018 lehnte die Ratsmehrheit einen Baustopp ab und gab sich damit zufrieden, dass Projektleiter und Projektsteuerer mündlich (!) im Rat behaupten, es sei alles gar nicht so schlimm wie die Verwaltung noch am 23. Februar 2018 schriftlich mitgeteilt hatte:  „fragile Bausubstanz und bisher nicht näher identifizierbare Objekte im tieferen Erdreich“ … „zum Teil auftretende Risse in den Bestandswänden“ … „erhebliche Mängel an der Bausubstanz“ … „Standsicherheit einzelner Bereiche nicht mehr gewährleistet“ … “im gesamten Gebäude nahezu flächendeckende massive Bauwerks­schäden“ … „erhebliche konstruktive, statische Fehler“.

Solchen Beschlussvorlagen hätte kein Ratsmitglied zustimmen dürfen und gerade die bisherigen Fraktionsspitzen der Jamaika-Koalition trifft hier eine besondere Verantwortung.

Noch wäre eine Kurskorrektur möglich, denn im Wesentlichen ruht der Betrieb auf der Baustelle. Diese de-facto-Baupause sollte man nutzen, um

  1. die bisher geplante Luxussanierung radikal abzuspecken. Dazu ist unverzüglich zu überprüfen, welche Kosten durch die Stornierung noch nicht verbauter Aufträge entstehen. Solche Stornierungen sind sinnvoller als eine Augen-zu-Strategie der weiteren unveränderten Bauausführung. 
  2. den Denkmalschutz aufzuheben, der besonders kostentreibend ist. Die Aufhebung des Denkmalschutzes kann durch einfachen Ratsbeschluss eingeleitet werden.
  3. unverzüglich zu prüfen, ob das bisherige Sanierungskonzept nicht durch die Realisierung eines Beethoven-Campus ersetzt werden kann, wie er von Gutachtern im Blick auf die notwendige Sanierung der Oper vorgeschlagen wurde.

Die Option eines Neubaus der Oper mit einem integrierten Konzertsaal neben der Mehrzweckhalle in einer abgespeckt sanierten Beethovenhalle ist ernsthaft zu prüfen. Eine Sanierung des alten Opern-Gebäudes im Bestand wäre nämlich nach den unsäglichen Erfahrungen bei der Beethovenhalle weder verantwortlich noch zu vermitteln und riskiert die Existenz der Oper als Institution.

Das 2014 in Florenz eröffnete kombinierte Konzert- und Opernhaus ein gutes Vorbild für Bonn. Es hat für Oper und Konzerte aller Art einen großen Saal sowie für Theater, Kammermusik und andere Formate einen kleinen Saal und bietet zudem noch eine Freiluftbühne. Mit ca. 150 Mio € war das neue Gebäude günstiger als die Sanierung der Beethovenhalle. Ein solches modernes Gebäude ist auch im Betrieb effizienter. Es wird eine der Hauptaufgaben des künftigen Stadtrates sein, bei der anstehenden Entscheidung über das Operngebäude die Fehler der Beethovenhalle nicht zu wiederholen.

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