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ALS "BÜRGERGERVERWIRRUNG" MUSS MAN DEN

28. Januar 2011
sogenannten "Bürgerhaushalt" bezeichnen, der von der Bonner Stadtverwaltung in Gang gesetzt wurde. Das gewählte Verfahren ist manipulativ, irreführend und unseriös.  Große Ausgabenblöcke des städtischen Haushaltes werden gar nicht erwähnt, wichtige Fakten verschwiegen und der Abstimmungsmanipulation ist Tür und Tor geöffnet. Deshalb nehme ich nicht daran teil.
ALS "BÜRGERGERVERWIRRUNG" MUSS MAN DEN

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Bürgerverwirrung statt Bürgerbeteiligung

Das in Bonn begonnene Verfahren eines „internetgestützten Bürgerhaushalts" ist kein Weg der Bürgerbeteiligung, sondern manipulativ, irreführend und unseriös. Deshalb werde ich mich daran nicht beteiligen und kann die Teilnahme daran auch nicht empfehlen.

Manipulativ ist das Verfahren, weil

  • nur 70 Prozent der erwachsenen Bürger überhaupt einen Internetzugang haben und damit ganze Bevölkerungsgruppen von der Mitwirkungsmöglichkeit ausgeschlossen werden. Das betrifft vor allem die Gruppe der über 60-jährigen. Auch die angebotene Nutzung von Computerterminals in den Bezirksratshäusern stellt hier keine Chancengleichheit her.

  • man ohne Probleme mit verschiedenen e-mail-Adressen mehrfach abstimmen kann und damit gut organisierte internetaffine Gruppen die Abstimmung manipulieren können.

  • niemand weiß und kontrollieren kann, wie viele Nicht-Bonnner sich der Abstimmung beteiligen.

  • das Abstimmmungsverfahren sehr verwirrend ist: Wer mit JA stimmt, stimmt dagegen. Aus der Abstimmungsanleitung: "Mit "Pro" stimmen Sie für eine Einsparung dieser freiwilligen Leistung. Mit "Contra" stimmen Sie für den Erhalt dieser freiwilligen Leistung im bisherigen Umfang."

  • die angegebene Zahl der Kommentare ein falsches Bild der tatsächlichen Bürgerbeteiligung vermittelt, weil sie Mehrfachkommentare einzelner Nutzer und der Redaktion mitzählt.

  • allein für die Lektüre der Erläuterungen der von der Verwaltung vorgelegten 108 Sparvorschläge mindestens zwei Stunden erforderlich sind und man dann allenfalls die interessensgeleitete Sicht der Verwaltung kennt. Wer hat die Zeit und die Möglichkeit, sich zusätzlich über Fakten kundig zu machen, die die Verwaltung verschweigt ?

 

Irreführend ist das Verfahren, weil

  • mit der globalen Zusammenfassung einzelner Titel (z. B. Kulturförderung, Sportförderung, Jugendarbeit, Brauchtumspflege) unterschiedlichste Themen in einen Topf geworfen und die Konsequenzen der Sparmaßnahmen wie das Ende einzelner Institutionen verschleiert werden.

  • nur die Verwaltungssicht und nicht die Sicht der Betroffenen dargestellt wird, z. B. der Vereine, die mit städtischen Zuschüssen arbeiten.

  • Vorschläge wie die Streichung der gesamten Jugendarbeit, der Bezirksverwaltungsstellen oder der Wegfall des Beethovenorchesters zur Abstimmung gestellt werden, von denen jeder weiß, dass der Stadtrat sie vernünftigerweise nie beschließen wird.

 

Unseriös ist das Verfahren, weil

  • große Ausgabenblöcke des städtischen Haushaltes wie zum Beispiel Maßnahmen im Hochbaubereich oder der Personalhaushalt nicht zur Abstimmung gestellt werden.

  • Maßnahmen, für die das Land Fördermittel zugesagt hat, nicht zur Abstimmung gestellt werden, auch wenn der städtische Eigenanteil daran erheblich ist.

  • zur Abstimmung der Erhalt oder Wegfall ganzer Maßnahmen steht, während eine prozentuale Kürzung nur durch ein kompliziertes Kommentierungsverfahren möglich ist, das nur wenige Teilnehmer nutzen.

Bürgerbeteiligung ist unverzichtbar. Aber sie verkehrt sich ins Gegenteil, wenn daraus Bürgerverwirrung wird. Politische Entscheidungen setzen das intensive Abwägen von Für und Wider und die Offenlegung aller Fakten voraus - und zwar im Dialog der gewählten Mandatsträger mit den Bürgern. Wer den Eindruck erweckt, einige Internetclicks im Multiple-Choice-Verfahren könnten dies ersetzen, nimmt die Bürger in Wahrheit nicht ernst.

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