Volltextsuche:

WIDERSPRUCH, HERR VERTEIDIGUNGSMINISTER

05. September 2011
zu wichtigen Aussagen zur Zukunft des Verteidigungsministeriums und der Bundeswehr in Bonn in einem Interview mit dem Bonner General-Anzeiger. Weder kann das Berlin-Bonn-Gesetz einfach außer Kraft gesetzt werden, noch ist die Region Köln/Bonn im Blick auf Dienstposten der Bundeswehr einseitig bevorzugt.
Foto: Fiegel
Foto: Fiegel

 

Den folgenden Text können Sie hier ausdrucken.  

Hier (unter unter dem folgenden Text) finden Sie Informationen zu den Bundeswehrstandorten in Norddeutschland  und Bayern. 

 


Wo der Verteidigungsminister im Blick auf die Zukunft der Hardthöhe falsch liegt 

In einem Interview mit dem Bonner General-Anzeiger hat der Bundesverteidigungsminister Anfang Septem­ber den Ton in der Debatte um die Zukunft der Hardthöhe verschärft. Der General-Anzeiger titelte sogar „De Mazière droht Bonn“. In der Tat sind einige Aussagen des Interviews problematisch und können nicht unkom­mentiert bleiben - auch wenn man akzeptiert, dass es nicht ohne Folgen für das Ministerium bleiben kann, wenn die Stärke der Bundeswehr von bisher 250.000 Soldaten auf „bis zu“ 185.000 Soldaten reduziert wird.

Erstens kann die Aussage des Ministers nicht unwidersprochen bleiben, er wolle „so viele Mitarbeiter wie möglich nach Berlin holen.“ Zur Zeit arbeiten etwa 2500 Ministeriumsbediens­tete in Bonn und 600 in Berlin. Es wäre inakzeptabel, wenn eine Verkleinerung des Ministeriums fast aus­schließlich den Bonner ersten Dienstsitz und praktisch nicht den Berliner zweiten Dienstsitz betrifft oder gar zur Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Berlin genutzt wird. Das würde eindeutig dem Bonn-Berlin-Gesetz widersprechen.

Dort verpflichtet sich der Bund in Artikel 1 Absatz 3 ausdrücklich zum „Erhalt und Förde­rung politischer Funk­tionen in der Bundesstadt Bonn in folgenden Politikbereichen ... e) Verteidigung““ Dementsprechend hat die Bundesregierung am 11. Dezember 1991 und am 3. Juni 1992 die Aufteilung der Bundesministerien auf Ber­lin und Bonn festgelegt und dies durch die "Bekanntmachung über die Sitzent­scheidung der Bundesregierung vom 22. Juli 1999“ bestätigt. Dazu gehörte die Festlegung des 1. Dienstsit­zes des Bundesverteidigungsmi­nisteriums in Bonn. Man kann nicht „so viele Mitarbeiter wie möglich nach Berlin holen“, ohne den 1. Dienst­sitz in Frage zu stellen. Glücklicherweise liegt eine Sitzveränderung nicht im Ermessen des Verteidigungsmi­nisters, sondern bedürfte der Zustimmung des Bundeskabinetts insgesamt.

Darüber hinaus kann die im Berlin-Bonn-Gesetz festgeschriebene Verpflichtung der Regierung, sich um „Er­halt und Förderung politischer Funktionen“ im Politikbereich Verteidigung zu kümmern, nicht einseitig von der Bundesregierung außer Kraft gesetzt werden. Die Exekutive ist in einer Demokratie an die Entscheidun­gen der Legislative gebunden und kann Gesetze nicht einfach ignorieren.

Zweitens ist es in diesem Zusammenhang außerordentlich befremdlich, dass der Bundesverteidigungsminis­ter in seinem Interview den Bonnern davon abrät, sich „auf die Buchstaben des Berlin/Bonn-Gesetzes zu be­rufen.“ Was soll denn bei einem Gesetz gelten, wenn nicht dessen Buchstaben. Es wäre gut, wenn der Minis­ter seine merkwürdige Äußerung korrigieren würde. Gesetzestreue ist nicht teilbar.

Drittens stellt der Bundesverteidigungsminister zweifelhafte Berechnungen an, mit denen er nachweisen will, es gebe „es keine einzige Region in der Bundesrepublik Deutschland, die so viele Dienstposten hat wie diese Region.“ Nun sind Zahlen der Bundeswehr-Dienstposten an einzelnen Standorten aus verständlichen Grün­den nicht immer öffentlich. Aber schon wenige bekannte Beispiele aus Norddeutschland zeigen, wie fragwür­dig die ministerielle Aussage ist: So bringt es Bonn bei 320.000 Einwohnern auf 6000 Dienstposten (incl. Ministerium) , aber allein das viele kleinere Wilhelmshaven (80.000 Einwohner) beherbergt über 8.000 Dienstposten. Wenn man den Rhein-Sieg-Kreis und Köln dazu nimmt, kommt man auf 15.400 Bundeswehr-Stellen, in einem entsprechenden Umkreis um Wilhelmshaven sind es 16.000. Wenn man wie der Minister dann auch noch Koblenz dazu nimmt und man legt einen entsprechenden Radius um Städte wie Hamburg oder Bremen kommt dort auf ganz ähnliche Größenordnungen von ca. 22000 Dienstposten – und zwar ohne das vom Minister selbst als „statistisch führend“ genannte Schleswig-Holstein. Die Region Köln/Bonn ist also keineswegs bevorzugt. Wenn die vom Minister angeführte „Dichte von Soldaten pro Einwohner“ ein Kriterium für das künftige Stationierungskonzept sein soll, müssen deshalb vergleichbare Zahlen auf den Tisch.

Das General-Anzeiger-Interview von Thomas de Maizière zeigt im übrigen erneut, wie wichtig es ist, in großer regionaler und überparteilicher Einigkeit immer wieder auf die wichtigsten Geschäftsgrundlagen beim Thema Bonn-Ber­lin hinweisen: 

  • Am Grundprinzip des Berlin-Bonn-Gesetzes, für alle Bundesministerien einen Dienstsitz in Berlinund Bonn fest­zulegen, darf nicht gerüttelt werden. Im Gesetz (Artikel 4) heisst es dazu: „Bun­desministerien befinden sich in der Bundeshauptstadt Berlin und in der Bundesstadt Bonn ... Die in der Bundesstadt Bonn verbleibenden Bundesministerien sollen auch einen Dienstsitz in der Bundes­hauptstadt Berlin erhalten. ...Die ihren Sitz in der Bundeshauptstadt Berlin nehmenden Bundesminis­terien sollen auch einen Dienstsitz in der Bundesstadt Bonn behalten.“ Wer sich hier auf Kompromis­se einlässt, gefährdet die Voraussetzung für die Standortsicherheit vieler Institutionen von der UNO bis zur Hochschulrektorenkonferenz in Bonn.
  • Die Vorgabe des Berlin-Bonn-Gesetzes, die „Organisation der Bundesregierung“ solle „so gestaltet werden, dass insgesamt der größte Teil der Arbeitsplätze der Bundesministerien in der Bun­desstadt Bonn erhalten bleibt“ muss weiter gelten. Eine Verklei­nerung von Ministerien darf nicht ein­seitig zu Lasten der Bonner Standorte gehen oder zur Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Berlin miss­braucht werden. Nur unter dieser Vor­aussetzung kann es sinnvoll sein, pragmatische Lösungen wie beim aus dem Justizministerium ausgeglie­derten Bun­desamt für Justiz zu vereinbaren. Dabei ist die Zahl der dau­erhaft gesicherten Bundesarbeitsplät­ze wichtiger als das Türschild.

  • Immer wieder muss darauf hingewiesen werden, dass die Arbeitsteilung zwischen Berlin und Bonn funktio­niert und dem Steuerzahler viel Geld spart. Jährlich nimmt der Haushaltsausschuss des Bundesta­ges im „Teilungs­kostenbericht“ der Bundesregierung zur Kenntnis, dass die Kosten für zwei Regie­rungsstandorte nur bei ca. 9 Millionen lie­gen. Der Berlin-Umzug vor zehn Jahren hat rund 10 Milliar­den Euro gekostet. Selbst wenn man für einen „Totalumzug“ nur die Hälfte dieser Summe an­setzen würde, wür­den allein die Zinsen dafür jährlich bei ca. 200 Millionen Euro liegen. Das heißt: Weil es keinen To­talumzug gibt, spart der Steu­erzahler über 190 Millionen Euro im Jahr.

Bundeswehrstandorte in Norddeutschland (klicken Sie auf die Karte für weitere Informationen)

Bundeswehrstandorte in Norddeutschland (klicken Sie auf die Karte für weitere Informationen)

Bundeswehrstandorte in Bayern (Klicken Sie auf die Karte für weitere Informationen)

Bundeswehrstandorte in Bayern (Klicken Sie auf die Karte für weitere Informationen)

RSS

BESTELLUNG: KLICK AUF BILD

BESTELLUNG: KLICK AUF BILD
Dreimal "Beethoven in Bonn" von Stephan Eisel:
Ausführlich: Beethoven - Die 22 Bonner Jahre (Hardcover, 550 Seiten, bebildert, 2020) 34,90 €
Im Überblick: Beethoven in Bonn (Taschenbuch, 128 Seiten bebildert (90 Seiten plus engl. Übersetzung, 2020) 8,99 €
Aktuell: Bonn und Beethovens Neunte (Taschenbuch, 166 Seiten bebildert (106 Seiten plus. engl. Übersetzung, 2024) 12,99€

BUCHTIPP: 3. Auflage

BUCHTIPP: 3. Auflage

Die Presse zum Buch:
"
unbedingt lesenswert" + "verfasst von einem Mann mit genauem Blick in die Kulissen der Macht" + "ausgewogen" + "anschaulich" + "persönlich, direkt, ganz nah dran" + "schildert Kohls Charakter-züge" + "spannende Hinter-gründe" + "keine undifferen-zierte Schwärmerei"
Ausführliche Pressestimmen zum Buch finden Sie hier

Frühere Artikel

21. Okt 2024

ZUR 12. OPERNGALA IN BONN ZUGUNSTEN

der Deutschen AIDS-Stiftung am 17. Januar 2025 lädt der Bonner CDU-Bundestagskandidat Hendrik Streeck ein. Er ist zugleich Vorsitzender des Kuratoriums der AIDS-Stiftung.  Lesen Sie mehr…
05. Apr 2024

DIE EINSPURIGKEI DER ADENAUERALLEE

wie sie die Bonner Grünen durchsetzen wollen, ist politisch höchst umstritten. Dabei wird oft behauptet, es gäbe einen rechtlichen Zwang für eine solche Maßnahme. Gegenüber Stephan Eisel stellte aber auch Stadtbaurat Helmut Wiesner fest, dass es "keinen unmittelbaren rechtlichen Zwang für die Herstellung der Einspurigkeit auf der Adenauerallee" gibt. Lesen Sie mehr…
09. Feb 2024

GEICH DREIMAL LÄUFT DIE GRÜN GEFÜHRTE

Bonner Kommunalpolitik in ein Sanierungsdesaster. Bei Stadthaus und Oper wiederholt man die gravierenden Fehler bei der Beethovenhalle. Dort haben sich bei der Sanierung einer maroden Mehrzweckhalle die Kosten vervielfacht und liegen jetzt bei über 225 Mio €. Auch bei Stadthaus und Oper wären Neubauten nicht nur wirtschaftlicher, sondern eine Chance zur Zukunftsgestaltung. Lesen Sie mehr…
01. Okt 2023

BEI DER BEETHOVENHALLE STEIGEN

die Kosten für die Luxussanierung weiter - in den vier Monaten von Mai bis September 2023 um 1,7 Mio €. Das enthüllte jetzt ein weitgehend unbeachteter Projektbereicht. Dort kann man auch lesen, dass die Ausführungsplanung weiter nur "schleppend" vorankommt. Lesen Sie mehr…
12. Sep 2023

DIE BONNER VERSCHULDUNG WIRD SICH

in Verantwortung der grün geführten Ratskoalition und der grün geführten Verwaltung mehr als verdoppeln. Diese Politik auf Kosten künftiger Generationen für in die Sackgasse und treibt Bonn in die kommunale Handlungsunfähigkeit. Lesen Sie mehr…
03. Aug 2023

AUF MANIPULATIVE IRREFÜHRUNGEN SETZEN

die Grünen und die von ihnen geführte Verwaltung, um die Einspurigkeit auf der Adenauerallee durchzusetzen. So wurde gegenüber Rat und Öffentlichkeit fälschlicherweise behauptet, es gebe rechtliche Vorschriften, die die Einspurigkeit der Adenauerallee erzwingen würden. Tatsächliche gibt es diesen rechtlichen Zwang nicht, sondern es geht um eine politische Entscheidung.

Lesen Sie mehr…
01. Aug 2023

AM 14. August 1949 WÄHLTEN DIE BONNER

Konrad Adenauer zu ihrem ersten MdB. Er blieb bis zu seinem Tod 1967 direkt gewählter Abgeordneter im Wahlkreis Bonn. In meinem Aufsatz "Konrad Adenauer als Bonner Bundestagsabgeordneter" habe ich mich intensiver mit diesem oft vernachlässigten Teil des Wirkens Adenauers befasst. Lesen Sie mehr…
08. Jul 2023

EDITHA LIMBACH IST IM ALTER VON 90

Jahren verstorben. Die ehem. Bonner Bundestagsabgeordnete ist 1960 der CDU beigetreten und war 1970 - 1988 sowie 1998 - 2003 stv. Kreisvorsitzende der Bonner CDU. 1975 - 1989 gehörte sie dem Bonner Stadtrat an und 1987 - 1998 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages.  Lesen Sie mehr…
04. Mai 2023

DIE GRÜNEN GEBEN IN BONN SEIT

zweieinhalb Jahren als stärkste Ratsfraktion und mit einer grünen Oberbürgermeisterin die Richtung vor. Dabei sind sie völlig auf Einschränkungen des Verkehrs zugunsten von Fahrradfahrern fixiert und tragen damit zu einer bedenklichen Polarisierung der Stadtgesellschaft bei. Lesen Sie mehr…
03. Mai 2023

POLITIK- UND MUSIKWISSENSCHAFT HABEN

an der Bonner Universität eine besonders lange und beeindruckende Tradition. In beiden Fächern wurden die ersten Lehrstühle im deutschsprachigen Raum hier eingerichtet. Aber durch Reformen im Rahmen des unseligen Bologna-Prozesses drohen diese Fächer in den Hintergrund zu treten. Lesen Sie mehr…
03. Mai 2023

DIE AKTIVISTEN DER „LETZTEN GENERATION“

Klebeaktionen und der Beschädigung von Gebäuden und Kunstwerken demokratische Prinzipien in Frage, sondern auch mit ihrem Vorschlag eines ausgelosten "Gesellschaftsrat", der gewählte Parlamente ersetzen soll. Lesen Sie mehr…
01. Apr 2023

DAS ERZBISTUM KÖLN WILL IN BONN

die traditionsreiche Liebfrauenschule schließen. Weil er das für einen schweren Fehler hält, hat Stephan Eisel mit seinen Nachfolgern im Vorsitz der CDU Bonn einen gemeinsamen Brief an Kardinal Woelki geschrieben. Christliche Kirchen dürfen sich nicht aus der Arbeit mit und für Jugendliche zurückziehen. Lesen Sie mehr…
02. Mrz 2023

DAS MILLIONENGRAB DER BEETHOVENHALLE

wird immer tiefer. Jetzt musste die Bonner Stadtverwaltung auch beim Parkplatz  Mehrkosten um 30 Prozent einräumen. Den Boden des Millionenlochs auf Kosten der Bonner Steuerzahler kann man schon längst nicht mehr sehen. Lesen Sie mehr…
03. Jan 2023

BEGABUNGSVIELFALT SOLLTE UNSER

Bildungssystem prägen. Aber in den letzten Jahren hat sich eine einseitige Fixierung auf die akademisch-theoretische Ausbildung in den Vordergrund geschoben. Das rächt sich jetzt durch einen dramatischen Fachkräftemangel gerade im Handwerk. Lesen Sie mehr…
23. Nov 2022

ÜBER 224 MIO € FÜR DIE BEETHOVENHALLE

will die grüne Bonner Oberbürgermeisterin Dörner ausgeben. Wie ihre beiden Vorgänger verkündet sie wieder eine Höchstgrenze, obwohl kein Ende des Sanierungsdesasters abzusehen ist. So rutschen die Ratsmehrheit und die Verwaltungsspitze immer tiefer in Millionengrab der Sanierung einer maroden Mehrzweckhalle. Lesen Sie mehr…