Volltextsuche:

PERSPEKTIVEN FÜR BEETHOVEN 2020

19. September 2015
ist ein wichtiger Schwerpunkt meiner Arbeit als Vorsitzender der BÜRGER FÜR BEETHOVEN. Damit habe ich in meiner Rede beim Mitgliederempfang im Rahmen des diesjährigen Beethovenfestes befasst.
PERSPEKTIVEN FÜR BEETHOVEN 2020

 

Den folgenden Text können Sie hier ausdrucken.

 

Stephan Eisel 

„ … aber kleinstädtisch darf sein Andenken nicht gefeiert werden“ 

Plädoyer für ein Bonner Profil bei „Beethoven 2020“

(Rede des Vorsitzenden der BÜRGER FÜR BEETHOVEN beim Mitgliederempfang zum Beethovenfest 2015) 

Fast auf den Tag genau heute vor drei Monaten wurden wir Zeuge einer Tragödie für die Beetho­venstadt Bonn – denn wer könnte bezweifeln, dass das Ende des Projektes Festspielhaus eine wirk­liche Tragödie ist. Jeder Konzertbesuch in dieser alten Mehrzweckhalle führt uns Augen: Wie könn­te die herausragende Musik, die wir hier gerade während des Beethovenfestes hören, erstrahlen, wenn ihr der richtige Raum zum Erklingen geboten würde. Es kommt ja auch niemand auf Idee, die Bilder von August Macke in der Tiefgarage des Stadthauses auszustellen. 

Sargnägel für das Festspielhaus waren eine orientierungslose Stadtspitze mit einem fast demonstra­tiv zögerlichen Oberbürgermeister und Kulturdezernenten, ein ängstlicher Stadtrat ohne Mut zur Perspektive für die Beethovenstadt und alle in der Stadt, die lieber von der Zuschauertribüne kom­mentierten als auf dem Spielfeld Position zu beziehen. 

Auch wenn es nicht zum Erfolg geführt hat, gebührt den vielen Bürgern Dank, die sich mit Zeit und Geld für das große Ziel eingesetzt haben. Wir haben einen Rückschlag erlitten, aber wir geben nicht auf: Das Thema Konzertsaal bleibt auf der Tagesordnung der Beethovenstadt. 

Aber einstweilen müssen wir uns mit Provisorien wie dieser alten Mehrzweckhalle und einem um ein Orchesterpodium erweiterten Tagungsaal abfinden. Durch die Festspielhausgegner und – zaude­rer hat Bonn über 120 Mio Euro verloren. Das ist eine Katastrophe für die Finanzen der Stadt und den Bonner Steuerzahler angesichts der mil­liardenschwerden Schulden. Denn natürlich hat die Stadt die 70, 80, 90 Mio Euro nicht, die man bräuchte um die Beethovenhalle konzerttauglich zu machen. Schauen wir also der Realität ins Auge: Zum 250. Geburtstag Beethovens bleibt die seine Geburtsstadt ohne Konzertsaal – was für eine Blamage ! 

Umso mehr kommt es beim Beethovenjahr 2020 jetzt auf die Inhalte an: Dabei müssen wir als Beethovenstadt die Chance nutzen, das Jubiläum mit eigenem Profil zu feiern, denn Bonn hat etwas zu bieten, was niemand sonst bieten kann:

Hier hat Beethoven 22 Jahre gelebt, genauso lange wie Mozart in Salzburg. Lassen wir uns von niemanden einreden, Beethovens Bonner Zeit sei nur eine Windel- und Kleinkind-Periode gewesen. Wer so etwas sagt, ignoriert wie sehr die ersten Jahrzehnte der Kindheit, der Jugend und des jungen Erwachsenen-Werdens jeden von uns prägen – und manche sind ja mit der Aufarbeitung ein ganzes Leben beschäftigt. 

Vor allem aber sollte niemand die Ergebnisse der Beethoven-Forschung ignorieren, die ihr Zen­trum ja auch hier in Bonn im international renommierten Beethovenhaus hat:

Bonn steht insbesondere für 

  • die Befassung mit Beethovens Familie, die ihn entscheidend prägte

  • Beethovens Bildung zur Persönlichkeit durch die Werte der Aufklärung

  • Beethovens lebenslangen Bonner Freundeskreis auch in Wiener Zeiten

  • wichtige berufliche Partner Beethovens aus Bonn wie den Verleger Simrock und den Musi­k-Impressario Salomon

  • und vor allem für Ausbildung als Musiker und Komponist. Hier lernte er das Handwerk des Orchestermusikers und reifte als Pianist 

Der erste große Beethoven-Biograph Alexander Wheelook Thayer, der noch mit Zeitzeugen spre­chen konnte, die Beethoven kannten, schrieb dazu: 

„Für uns bleibt das Ergebnis, daß Beethoven, als er von seiner Vaterstadt Abschied nahm, nicht bloß die Formen, in denen er schuf, namentlich die der Kammermusik, technisch beherrschte, son­dern auch seine künstlerische Eigenart entwickelt hatte. Man ist darüber nicht im Zweifel, daß hier nicht bloß Übung und Können, nicht bloß Nachahmung anderer Meister, sondern eine ausgeprägte Künstler-Individualität vor uns steht, die freilich ihrer vollen Ausgestaltung und Entwicklung noch harrt, die ihn aber sofort von andern unterscheidet und kenntlich macht.“ 

Übrigens hat auch eines der Werke, die wir nachher hören, Bonner Wurzeln: Die Chorfantasie ent­hält nämlich Variationen des Liedes “Gegenliebe“ (WoO 118) ,das Beethoven wenige Monate nach seiner Abreise aus Bonn komponierte. Der Text des Liedes stammt von Gottfried August Bürger, dessen Texte schon Beethovens Bonner Lehrer Christian Gottlob Neefe vertont hat. 

Die Melodie die Beethovens lag später auch dem Finale der 9. Sinfonie zugrunde. Und auch seine Befassung mit der „Ode an die Freude“ hat ihren Ursprung in Bonn. Schillers Gedicht erschien erstmals 1786. Der mit Schiller und Beethoven befreundete Bonner Jurist Bartholomäus Fischenich schrieb am 26. Januar 1793 an Schillers Ehefrau Charlotte (die übrigens auf dem Alten Friedhof in Bonn begraben ist) über ein Gespräch mit Beethoven: „Er wird auch Schiller’s Freude und zwar jede Strophe bearbeiten. Ich erwarte etwas vollkommenes, denn so viel ich ihn kenne, ist er ganz für das Große und Erhabene.“ 

In einem Wort: Beethoven in Wien ist ohne Beethoven in Bonn nicht denkbar. Man kann ein Haus nicht ohne Fundament bauen. Deshalb muss Beethoven 2020 ein klares Bonner Profil haben und dafür reicht eine Neuinszenierung von Fidelio oder ein open-air-Konzert auf der Hofgartenwiese nicht aus. 

Für das Beethoven-Jubiläum 2020 gilt, was schon im Aufruf von Bonner Bürgern für ein Beetho­ven-Denkmal im Jahr 1835 stand: „Die Stadt Bonn am Rheine, in welcher der unsterbliche Künstler das Licht der Welt erblickte ... scheint zu dem Unternehmen in gleicher Weise berechtigt wie ver­pflichtet...“ 

Oder um es mit den Worten von Franz Liszt zu sagen, der 1845 in einem Brief an den damaligen Bonner Oberbürgermeister ob dessen demonstrativer Beethoven-Ignoranz erbost schrieb: „Eine kleine Stadt kann das Glück haben, dass ein großer Mann in ihr das Licht der Welt erblickt; aber kleinstädtisch darf sein Andenken nicht gefeiert werden.“ 

Franz Liszt verdanken wir um übrigen eine weitere Bonner Einzigartigkeit, nämlich das älteste Beethovenfest der Welt.

RSS

BESTELLUNG MIT KLICK AUF BILD

BESTELLUNG MIT KLICK AUF BILD
Das "große" und das "kleine" Buch zu Beethoven in Bonn:
Ausführlich: Beethoven - Die 22 Bonner Jahre (Hardcover, 550 Seiten, bebildert) 34,90 €.
Im Überblick: Beethoven in Bonn (Taschenbuch, 128 Seiten bebildert (90 Seiten plus engl. Übersetzung) 8,99 €

BUCHTIPP: 3. Auflage

BUCHTIPP: 3. Auflage

Die Presse zum Buch:
"
unbedingt lesenswert" + "verfasst von einem Mann mit genauem Blick in die Kulissen der Macht" + "ausgewogen" + "anschaulich" + "persönlich, direkt, ganz nah dran" + "schildert Kohls Charakter-züge" + "spannende Hinter-gründe" + "keine undifferen-zierte Schwärmerei"
Ausführliche Pressestimmen zum Buch finden Sie hier

Frühere Artikel

05. Apr 2024

DIE EINSPURIGKEI DER ADENAUERALLEE

wie sie die Bonner Grünen durchsetzen wollen, ist politisch höchst umstritten. Dabei wird oft behauptet, es gäbe einen rechtlichen Zwang für eine solche Maßnahme. Gegenüber Stephan Eisel stellte aber auch Stadtbaurat Helmut Wiesner fest, dass es "keinen unmittelbaren rechtlichen Zwang für die Herstellung der Einspurigkeit auf der Adenauerallee" gibt. Lesen Sie mehr…
09. Feb 2024

GEICH DREIMAL LÄUFT DIE GRÜN GEFÜHRTE

Bonner Kommunalpolitik in ein Sanierungsdesaster. Bei Stadthaus und Oper wiederholt man die gravierenden Fehler bei der Beethovenhalle. Dort haben sich bei der Sanierung einer maroden Mehrzweckhalle die Kosten vervielfacht und liegen jetzt bei über 225 Mio €. Auch bei Stadthaus und Oper wären Neubauten nicht nur wirtschaftlicher, sondern eine Chance zur Zukunftsgestaltung. Lesen Sie mehr…
03. Dez 2023

DIE NÄCHSTE BUNDESTAGSWAHL WIRFT

ihre Schatten voraus. 2024 steht schon die Kandidatenaufstellung an. Für die CDU in Bonn möchte der Mediziner Prof. Dr. Hendrick Streeck antreten. Hier finden Sie seine Begründung für diese Bewerbung und warum er dabei vom ehem. Bonner MdB Stephan Eisel unterstützt wird. Lesen Sie mehr…
01. Okt 2023

BEI DER BEETHOVENHALLE STEIGEN

die Kosten für die Luxussanierung weiter - in den vier Monaten von Mai bis September 2023 um 1,7 Mio €. Das enthüllte jetzt ein weitgehend unbeachteter Projektbereicht. Dort kann man auch lesen, dass die Ausführungsplanung weiter nur "schleppend" vorankommt. Lesen Sie mehr…
12. Sep 2023

DIE BONNER VERSCHULDUNG WIRD SICH

in Verantwortung der grün geführten Ratskoalition und der grün geführten Verwaltung mehr als verdoppeln. Diese Politik auf Kosten künftiger Generationen für in die Sackgasse und treibt Bonn in die kommunale Handlungsunfähigkeit. Lesen Sie mehr…
03. Aug 2023

AUF MANIPULATIVE IRREFÜHRUNGEN SETZEN

die Grünen und die von ihnen geführte Verwaltung, um die Einspurigkeit auf der Adenauerallee durchzusetzen. So wurde gegenüber Rat und Öffentlichkeit fälschlicherweise behauptet, es gebe rechtliche Vorschriften, die die Einspurigkeit der Adenauerallee erzwingen würden. Tatsächliche gibt es diesen rechtlichen Zwang nicht, sondern es geht um eine politische Entscheidung.

Lesen Sie mehr…
01. Aug 2023

AM 14. August 1949 WÄHLTEN DIE BONNER

Konrad Adenauer zu ihrem ersten MdB. Er blieb bis zu seinem Tod 1967 direkt gewählter Abgeordneter im Wahlkreis Bonn. In meinem Aufsatz "Konrad Adenauer als Bonner Bundestagsabgeordneter" habe ich mich intensiver mit diesem oft vernachlässigten Teil des Wirkens Adenauers befasst. Lesen Sie mehr…
08. Jul 2023

EDITHA LIMBACH IST IM ALTER VON 90

Jahren verstorben. Die ehem. Bonner Bundestagsabgeordnete ist 1960 der CDU beigetreten und war 1970 - 1988 sowie 1998 - 2003 stv. Kreisvorsitzende der Bonner CDU. 1975 - 1989 gehörte sie dem Bonner Stadtrat an und 1987 - 1998 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages.  Lesen Sie mehr…
04. Mai 2023

DIE GRÜNEN GEBEN IN BONN SEIT

zweieinhalb Jahren als stärkste Ratsfraktion und mit einer grünen Oberbürgermeisterin die Richtung vor. Dabei sind sie völlig auf Einschränkungen des Verkehrs zugunsten von Fahrradfahrern fixiert und tragen damit zu einer bedenklichen Polarisierung der Stadtgesellschaft bei. Lesen Sie mehr…
03. Mai 2023

POLITIK- UND MUSIKWISSENSCHAFT HABEN

an der Bonner Universität eine besonders lange und beeindruckende Tradition. In beiden Fächern wurden die ersten Lehrstühle im deutschsprachigen Raum hier eingerichtet. Aber durch Reformen im Rahmen des unseligen Bologna-Prozesses drohen diese Fächer in den Hintergrund zu treten. Lesen Sie mehr…
03. Mai 2023

DIE AKTIVISTEN DER „LETZTEN GENERATION“

Klebeaktionen und der Beschädigung von Gebäuden und Kunstwerken demokratische Prinzipien in Frage, sondern auch mit ihrem Vorschlag eines ausgelosten "Gesellschaftsrat", der gewählte Parlamente ersetzen soll. Lesen Sie mehr…
01. Apr 2023

DAS ERZBISTUM KÖLN WILL IN BONN

die traditionsreiche Liebfrauenschule schließen. Weil er das für einen schweren Fehler hält, hat Stephan Eisel mit seinen Nachfolgern im Vorsitz der CDU Bonn einen gemeinsamen Brief an Kardinal Woelki geschrieben. Christliche Kirchen dürfen sich nicht aus der Arbeit mit und für Jugendliche zurückziehen. Lesen Sie mehr…
02. Mrz 2023

DAS MILLIONENGRAB DER BEETHOVENHALLE

wird immer tiefer. Jetzt musste die Bonner Stadtverwaltung auch beim Parkplatz  Mehrkosten um 30 Prozent einräumen. Den Boden des Millionenlochs auf Kosten der Bonner Steuerzahler kann man schon längst nicht mehr sehen. Lesen Sie mehr…
03. Jan 2023

BEGABUNGSVIELFALT SOLLTE UNSER

Bildungssystem prägen. Aber in den letzten Jahren hat sich eine einseitige Fixierung auf die akademisch-theoretische Ausbildung in den Vordergrund geschoben. Das rächt sich jetzt durch einen dramatischen Fachkräftemangel gerade im Handwerk. Lesen Sie mehr…
23. Nov 2022

ÜBER 224 MIO € FÜR DIE BEETHOVENHALLE

will die grüne Bonner Oberbürgermeisterin Dörner ausgeben. Wie ihre beiden Vorgänger verkündet sie wieder eine Höchstgrenze, obwohl kein Ende des Sanierungsdesasters abzusehen ist. So rutschen die Ratsmehrheit und die Verwaltungsspitze immer tiefer in Millionengrab der Sanierung einer maroden Mehrzweckhalle. Lesen Sie mehr…