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Stephan Eisel
Beethovenhalle: Millionengrab als Faß ohne Boden
"Die Denkmalpflege ist grundsätzlich am Erhalt der vorhandenen Bausubstanz interessiert. Originalmaterialien sind zu erhalten und nicht durch preiswertere zu substituieren. ... Grundsätzlich verursacht die denkmalpflegerische Instandsetzung keine Mehrkosten, da Maßnahmen, welche auf einer gesetzlichen Grundlage erfolgen,per Definition keine Mehrkosten sind.“
Stellungnahme 1710059ST2 der Stadtverwaltung Bonn vom 6. Januar 2017„Betreff: Sanierung der Beethovenhalle“
Seit der Bonner Stadtrat die aufwendige „denkmalgerechte Instandsetzung“ der maroden Beethovenhalle auf den Weg gebracht hat, werden schon vor Baubeginn in abenteuerlicher Dynamik ständig neue Kostensteigerungen bekannt. Das bestätigt erneut eine Verwaltungsvorlage vom 19.01.2017 (Drs. 1710337). Darin liest sich die Kostenentwicklung der letzten Monate so:
Fazit: Die Hallen-Sanierung verteuerte sich seit April 2016 um ca. eine Million Euro monatlich!
Unverständlicherweise in den genannten Summen nicht berücksichtigt listet die Verwaltung weitere (!) Kosten in Höhe von netto (!) mindestens 3,3 Mio Euro auf (1,3 Mio für Außenanlage und Stühle sowie 2 Mio Euro „erkennbares Restrisiko“). Tatsächlich liegt also der bereits jetzt bekannte Aufwand für die Beethovenhalle bei 64,8 Mio Euro. Zugleich schreibt die Verwaltung ausdrücklich „Die Ausführungsplanung ist jedoch noch nicht abgeschlossen.„ Außerdem wird auf die „verbleibende Schwankungsbreite von +/- 25% bei Kostenberechnungen gemäß Leistungsphase 3 der HOAI (Entwurfsplanung) verwiesen. Dies ist insbesondere beim „Bauen im Bestand“ von Bedeutung.“ Wenn diese „Schwankungsbreite“ als Kostensteigerung eintritt, werden die Kosten der Hallensanierung also bei ca. 80 Mio Euro liegen.
Es ist fahrlässig, dass sich die Verwaltung bei diesen Zahlen praktisch ausschließlich auf den externen Projektsteuerer verläßt. Das städtische Rechnungsprüfungsamt ist de facto ausgebremst. In der städtischen Vorlage heisst es dazu: „Ursprünglich war es vorgesehen, dass nach der Prüfung der Kostenberechnung durch den externen Projektsteuerer eine Plausibilisierung durch das städtische Rechnungsprüfungsamt erfolgen sollte … Da allerdings im Hinblick auf die zeitlichen Rahmenbedingungen des Projekts zur Beschleunigung der Planung bereits parallel eine vertiefende Planung erfolgt ist und die externe Prüfung der Kostenberechnung erst im Dezember 2016 zum Abschluss gebracht wurde, ist auf eine separate Plausibilisierung durch das RPA zunächst verzichtet worden.“ Vorgesehen ist jetzt von der Verwaltung nunmehr „anstelle einer vollständigen Plausibilisierung der Kostenberechnung „am Stück“ eine partielle Überprüfung und Feststellung von evtl. Kostenabweichungen.“
Auch der Zeitplan der Fertigstellung der Sanierung ist übrigens ins Rutschen geraten: Im April 2016 verlautete die Verwaltung noch: „Die Fertigstellung aller baulichen Arbeiten und damit die Inbetriebnahme der Halle für Veranstaltungen ist derzeit zum 10.09.2018 geplant.“ Im September 2016 hieß es dann, „dass der große Saal ab sofort auf dem kritischen Pfad liegt.“, weil die neu entdeckte Asbetsanierung sechs Monate und der „konstruktive Brandschutz“ drei Monate in Anspruch nehme. Im Januar 2017 teilt die Verwaltung nun mit: „Diesen zusätzlichen Zeitraum kann das Projekt innerhalb der gesetzten Ziele nicht kompensieren. Als effizienteste Gegensteuerungsmaßnahme wurde die Parallelisierung von Leistungen durch Unterteilung der Maßnahme in mehrere Baufelder identifiziert. “ Sollte sich diese Absicht verwirklichen lassen, prognostiziert die Verwaltung die „bauliche Fertigstellung innerhalb des Gebäudes“ zum 15. 10. 2018. Erst anschließend erfolge die Bauabnahme und die „Einpegelung der technischen Anlagen.“ Als Voraussetzung für diesen Zeitplan schlägt die Verwaltung übrigens auch eine Einschränkung der Mitsprache des Rates bei der Auftragsvergabe vor.
Die ursprünglich propagierte Absicht, dass Beethovenfest 2018 in der sanierten Halle stattfinden zu lassen, ist also längst passé. Geht die „Parallelisierung“ von Baufeldern schief, kommt es nach dem bisher bekannten zusätzlichen Zeitbedarf erst zur Fertigstellung im Sommer 2019 – plus die zu erwartenden Verzögerungen bei öffentlichen Bauten und beim Bauen im Bestand. Man sollte den Realitäten insAauge sehen: Wer an der aufwendigen Denkmalsanierung der Mehrzweckhalle festhält, riskiert für das Beethoven-Jubiläum 2020 eine Baustelle.
Trotz dieses enormen Aufwands ist übrigens eine Verbesserung der Akustik für die Zuhörer im Großen Saal ausdrücklich nicht vorgesehen. In den Unterlagen für den Sanierungsbeschluss vom 10.12.2015 steht wörtlich: „Projektgrenzen: Keine raumakustische Verbesserung des großen Saales für Musik.“ So wird zwar viel Geld für eine alte Mehrzweckhalle ausgegeben, aber die Beethovenstadt Bonn muss das Beethoven-Jubiläum 2020 ohne angemessenen Konzertsaal begehen.
Übrigens liegt auch immer noch kein Businessplan für die Beethovenhalle vor. Zusätzlich zu den Baukosten liegen nämlich auch im Betrieb erhebliche wirtschaftliche Risiken. Schon bisher musste die Beethovenhalle aus der Stadtkasse mit ca. 2 Mio Euro jährlich bezuschusst werden. Ohne das seit langem geforderte Hallenkonzept, das zunächst überhaupt den Bedarf für Mehrzweckhallen wie die Beethovenhalle feststellen sollte, hangelt sich die Bonner Kommunalpolitik so ohne Strategie von einer Einzelentscheidung zur nächsten.
Auch bei Oper gibt es einen Sanierungstau, der intern mit bis zu 75 Mio Euro beziffert wird. Statt soviel Geld in die Sanierung alter Gebäude zu stecken, wäre Kehrtwende dringend notwendig: Es genügt für das Beethoven-Jubiläum 2020 die Beethovenhalle in einen betriebssicheren Zustand zu bringen – d. h. den im Dezember 2015 abgelehnten Vorschlag von Oberbürgermeister Sridharan wieder aufzugreifen. Experten schätzen, dass dies für 10 Mio Euro möglich wäre. Damit wäre auch das Risiko vermieden, dass die aufwendige Hallensanierung bis 2020 nicht fertig wird.
Statt bei Beethovenhalle und Oper über 150 Mio Euro in die Sanierung zwei alter Gebäude zu stecken, wäre es besser, nach 2020 – wie z. B. in Baden-Baden oder Bregenz – einen integrierten Opern- und Konzerthausbau neu zu errichten. Das nordrhein-westfälische Denkmalschutzgesetz lässt dies übrigens auch für Beethovenhalle ausdrücklich zu: Nach Artikel 9 muss die Erlaubnis zum der Abriss eines denkmalgeschützten Gebäudes erteilt werden, wenn „ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt“. Dies festzustellen wäre Aufgabe des Rates.
Die Vorteile einer solchen Zukunftsstrategie liegen auf der Hand: Die unkalkulierbare finanzielle Doppellast der Sanierung von Beethovenhalle und Oper wäre vermieden. Eine moderne integrierte Lösung würde die Betriebskosten reduzieren (ein Gebäude statt zwei), die Vermarktung des Operngrundstücks würde Geld in die Stadtkasse bringen, die Zukunft von Oper und Schauspiel wäre gesichert und die Beethovenstadt käme endlich zu einem angemessenen Konzertsaal.
Vielleicht führt die Kostenexplosion bei der Beethovenhalle, die sich nach dem Baubeginn sicherlich fortsetzen wird, endlich zu dem Entscheidungsmut, der dem Rat beim Beethoven-Festspielhaus fehlte. Andernfalls wird die Stadt noch lange gebannt in das immer tiefere Millionengrab Beethovenhalle schauen und dass sich damit eine Zukunftsperspektive für Bonn öffnet.
Die Presse zum Buch:
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die Grünen und die von ihnen geführte Verwaltung, um die Einspurigkeit auf der Adenauerallee durchzusetzen. So wurde gegenüber Rat und Öffentlichkeit fälschlicherweise behauptet, es gebe rechtliche Vorschriften, die die Einspurigkeit der Adenauerallee erzwingen würden. Tatsächliche gibt es diesen rechtlichen Zwang nicht, sondern es geht um eine politische Entscheidung.