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IN IHREN EIGENEN GRÜNEN ECHOKAMMERN

tun sich die Grünen schwer mit der Realität vieler Menschen. So denken viele von ihnen beim Stichwort „Einfamilienhaus“ an eine Villa am Starnberger See und nicht an das viel typischere Reihenhäuschen im Ruhrgebiet. Das erklärt auch ihre Bürgerferne beim Thema Heizungstausch.
IN IHREN EIGENEN GRÜNEN ECHOKAMMERN

 

 

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Stephan Eisel

Grüne Selbstverliebtheit statt Bürgernähe

Wenn die Ideologie von der Starnberger Villa auf die Realität des Reihenhauses im Ruhrgebiet trifft

 

Die Diskussion um die vom grünen Minister Robert Habeck verantwortete Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) mit den Vorgaben zum Heizungsaustausch offenbart erneut ein Grundproblem der Grünen: Oft fehlen ihnen der Bezug zur Lebenswirklichkeit der Menschen. Die Ursache dafür liegt in einem selbstverliebten Politikansatz nach dem Motto: „Zwei mal drei macht vier / wi-di-wi-di-witt / und drei macht neune /  ich mach mir die Welt / wi-di-wi-di / wie sie mir gefällt“. Was bei Pippi Langstrumpf lustig klingt, ist aber für verantwortliche Politik ungeeignet.

Es gibt in Deutschland ca. 16 Mio Einfamilienhäuser, in denen über 30 Mio Menschen leben. Etwa 30 Prozent aller Haushalte besitzen ein Einfamilienhaus. Viele Durchschnittsfamilien haben es sich als Alterssicherung mühsam zusammengespart. Deshalb fehlt ihnen das Geld für weitere größere Investitionen, die die Grünen jetzt vorschreiben wollen. Während die Grünen beim Einfamilienhaus an die Villa am Starnberger See denken, ist der Regelfall das Reihenhaus im Ruhrgebiet. 

Der Durchschnittspreis für eine neue Gasheizung liegt für ein Einfamilienhaus bei 5.000 – 10.000 €. Der Durchschnittspreis für den Einbau einer Wärmepumpe liegt für ein Einfamilienhaus bei 30.000 – 40.000 € (lt. Verbraucherzentrale). Davon werden bisher bis zu höchstens (!) 40 Prozent staatlich gefördert.  Eine Wärmepumpe kostet den Käufer also nach Anzug der staatlichen Förderung immer noch ca. 15.000 € mehr als eine Gasheizung. Dazu kommen ggf. Sanierungs- und Dämmungskosten, die bei Einfamilienhäusern leicht über 100.000 € liegen können, denn Wärmepumpen heizen weniger stark als Gasheizungen.

Annalena Baerbock (Grüne) sagte dazu am 30. März im Deutschlandfunk, es werde für die Bürger eben „ ´nen Ticken teurer.“ Diese Flappsigkeit symbolisiert Lebensferne pur aus Sicht einer Partei der Besserverdienenden. Dazu kommt, dass die Grünen in Einfamilienhäusern nicht Unabhängigkeit durch Eigentum sehen – nicht umsonst ist dafür seit langem der Begriff „Eigenheim“ eingebürgert -, sondern unzulässigen Flächenverbrauch. 

Wegen dieser Grundeinstellung setzten sie im grün-geführten Stadtteil Hamburg-Nord 2020 den Beschluss durch, keine Baugenehmigungen mehr für Einfamilienhäuser zu erteilen. Als grüner Parteivorsitzender sprach sich auch Anton Hofreiter 2021 ganz ausdrücklich für diese Linie aus. Die SPD-Bauministerin Klara Geywitz schloss sich dem 2022 an. 

Die Grünen tun sich besonders schwer, ihre Politik mit der Lebenswirklichkeit der Menschen abzugleichen, weil sie als kleine Partei mit nur etwa 125.000 Mitgliedern in der eigenen Partei nicht die Vielfalt der Lebenssituationen in der Gesellschaft abbilden (können). Mehr als zehn Prozent der Mitglieder der Grünen leben in den vier deutschen Millionenstädten Berlin, Hamburg, München und Köln, die allesamt untypisch für Deutschland sind. In zehn von 16 Bundesländern haben die Grünen weniger als 5.000 Mitglieder. Bei der Union gilt das nur für Bremen. Von den 500.000 Unionsmitgliedern leben gerade einmal fünf Prozent in den Metropolen. Während man CDU/CSU in allen Bereichen des Landes und in allen sozialen Strukturen antrifft, sind die Grünen im wesentlichen eine Großstadtpartei der Besserverdienenden.

Diese Einseitigkeit der Mitgliedsstruktur macht die Grünen besonders anfällig für ideologische Versuchungen. Sie sind in der eigenen Partei wenig gezwungen, eigene Standpunkte auf den Prüfstand zu stellen. In ihren Echokammern sind sie oft von der eigenen Sichtweise so überzeugt, dass sie diese gerne absolut setzen. Das hat seine Ursache auch in den mono-thematischen Wurzeln der Partei: Anti-Kernkraft, Umwelt-, Friedens- und jetzt Klimaschutzbewegung definier(t)en die eigenen Ziele mit absoluten Wahrheitsanspruch, der auch der demokratischen Mehrheitsregel entzogen ist. Wer sich durch derartige Selbstgewissheit definiert, tut sich schwer mit Politik als Interessenausgleich und den dadurch notwendigen Kompromissen.

Von den teilweise gewalttätigen Demonstrationen gegen Kernkraft in Grohnde, Brokdorf oder Wackersdorf, den nur scheinbar „gewaltfreien“ Blockaden von Castor-Transporten oder gegen den NATO-Doppelbeschluss, der Farbbeutel-Attacke gegen Joschka Fischer beim grünen Parteitag zum Kosovo-Krieg 1999 über die Gewaltaktionen im Hambacher Forst oder Lützerath oder gegen die Startbahn West am Frankfurter Flughafen bis zu den Aktionen der „Letzten Generation“ zieht sich ein grüner Faden des selbstgerechten Fundamentalismus, der oft sogar anderen Meinungen das Existenzrecht abspricht. 

Wer in hinterfragungsresistenter Selbstverliebtheit Politik betreibt, verliert leicht den Kontakt zur Lebenswirklichkeit der Menschen. 1990  waren die Grünen deswegen mit nur 3,8 Prozent sogar aus dem Bundestag geflogen: Während die Menschen von den Fragen der Wiedervereinigung bewegt waren, stellte die Partei ihren Wahlkampf unter den Slogan: „Alle reden von Deutschland. Wir reden vom Wetter: Saurer Regen, Ozonloch, Smog, Klimakatastrophe …" 

Wo Selbstgerechtigkeit zum Politikprinzip wird, wird denen, die anderer Meinung sind, auch schnell mit Verbotsdrohungen und Restriktionsankündigungen entgegengetreten -  vom Veggie-Day bis zur autofreien Stadt. Die Grünen tendieren dazu,  Verbote nicht für den zu rechtfertigenden Ausnahmefall zu halten, sondern für die einfach zu realisierende Regel zur Durchsetzung eigener Politikziele. Es fällt ihnen leichter, anzuordnen als zu überzeugen. Sie bedrängen die Bürger lieber als sie zusammenzuführen. 

Dabei vergessen die Grünen angesichts der Lautstärke der eigenen Klientel gerne, dass sie bei der letzten Bundestagswahl von 85 Prozent der Wähler nicht gewählt wurden und auch sonst eine Minderheitenpartei sind. Oft fehlt ihnen das Bewusstsein dafür, dass Mandatsträger nicht nur  die eigenen Wähler, sondern alle Bürger in den Blick zu nehmen haben. Die SPD versucht dem in der Ampel als soziales Korrektiv entgegenzuwirken, aber letztlich hat sie dem selbstgerechten grünen Politikansatz kaum etwas entgegenzusetzen. Da sie in der gleichen Wählerklientel wie die Grünen fischt, fürchtet sie dort um ihre Führungsrolle bei zu großem Konflikt mit den Grünen.

Dem gegenüber sind zwischen CDU und  Grünen die Rollen klar verteilt: Man nimmt sich ernster, weil man sich aus gegensätzlichen Richtungen aufeinander zubewegt. Grüner Fundamentalismus wird mit bürgernahem Pragmatismus konfrontiert - zumal Christdemokraten auf dem Fundament des christlichen Menschenbildes auch um die eigene Unvollkommenheit wissen und deshalb Absolutheitsansprüche anderer besonders deutlich zurückweisen. Hier liegen die tieferen Gründe dafür, dass die schwarz-grünen Koalitionen in Schleswig-Holstein, Hessen, Baden-Württemberg und vor allem Nordrhein-Westfalen so effizient und geräuschlos arbeiten. Schwarz-Grün stärkt die grünen Realos, während in der Bundes-Ampel vom Atomausstieg bis zum Heizungstausch offenbar die Fundis das Sagen haben.

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