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Der Bund weiß um den Wert der Kultur
„Kulturförderung ist keine Subvention,
sondern eine unverzichtbare Investition in
die Zukunft unserer Gesellschaft.“
Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und
FDP vom 26. Oktober 2009
Von allen staatlichen Kulturausgaben in Deutschland entfällt der weitaus überwiegende Teil auf die Kommunen (45 Prozent) und die Länder (41 Prozent). So will es auch das grundgesetz mit seiner Vorgabe der „Kulturhoheit“ der Länder und der vorrangigen Zuständigkeit der Kommunen für alle kommunalen Angelegnheiten. Aber der Bundesanteil ist auf inzwischen 14 Prozent angewachsen, während viele Länder und Kommunen kürzen.
Helmut Kohl war der erste Bundeskanzler, der die Kulturstaatlichkeit des Bundes politisch thematisierte. Er bot den Bundesländern „Mitsprache ohne Mitfinanzierung“ bei den großen Kulturprojekten an, die er als Bundeskanzler Anfang der 80er Jahre anstieß: das „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“ in Bonn, das deutsche Historische Museum in Berlin und die „Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland“ in Bonn. Zunächst heftig umstritten haben sich diese Institutionen längst zu Leuchttürmen entwickelt: Die Bundeskunsthalle (eröffnet: 1992) brachte es bisher mit fast 200 Ausstellungen auf über 16 Millionen Besucher, das Haus der Geschichte (eröffnet: 1994) kann täglich ca. 1.500 Besucher begrüßen und das Deutsche Historische Museum (eröffnet: 1994) kommt auf eine Million Besucher jährlich.
Neben diesen drei Bundesinstitutionen bleibt aus der Regierungszeit Helmut Kohl vor allem die Künstlersozialversicherung als nachhaltiges Erbe. Durch sie werden seit 1983 selbstständige Künstler in den Schutz der gesetzlichen Sozialversicherung einbezogen. Dabei müssen sie nur etwa die Hälfte ihrer Beiträge selbst tragen. Die andere Beitragshälfte wird durch einen Bundeszuschuss und eine Abgabe der Unternehmen finanziert, die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten.
Als Bundeskanzler Gerhard Schröder mit dem „Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien“ ein neues Amt schuf , schoben sich Personen als „Kulturstaatsminister“ vor Inhalte in den Vordergrund. Der Publizist Michael Naumann (1998-2001), der Philosoph Julian Nida-Rümelin (2001/2002) und die frühere Hamburger Kultursenatorin Christina Weiss (2002 – 2005) hinterließen aus ihrer Amtszeit allerdings keine erkennbaren Spuren.
Die jeweils kurzen und folgenlosen Amtszeiten der drei ersten Kulturstaatsminister waren wohl deren mangelnder politischer Erfahrung geschuldet. Angela Merkel berief 2005 fast als Gegenmodell den erfahrenen Politikprofi Bernd Neumann. Er ist seit 1987 Mitglied des Deutschen Bundestages (seit 1998 Obmann von CDU/CSU im Kulturausschuss) und hatte 1991 – 1998 als Parl. Staatssekretär in zwei Ministerien auch konkrete Regierungserfahrung gesammelt. Mit ihm wurde der Kulturstaatsminister zum politischen Faktor und die Kulturpolitik des Bundes erhielt neues Gewicht.
Als Staatsminister bei der Bundeskanzlerin ist der „Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien“ zugleich Chef einer obersten Bundesbehörde mit rund 190 Mitarbeitern in Bonn und Berlin. Zu den Aufgaben gehören insbesondere die ordnungspolitische Rahmensetzung für die Entfaltung von Kunst und Kultur (z. B. Fragen des Urheberrechts und des Stiftungswesens), die Förderung gesamtstaatlich bedeutender kultureller Einrichtungen und Projekte (wie ein Beethoven-Festspielhaus in Bonn), die Bewahrung des kulturellen Erbes, Auswärtige Kulturpolitik, die Pflege des Geschichtsbewusstseins und gesamtstaatliche Repräsentation mit der Hauptstadtförderung Berlins. Darüber hinaus wird jeder Gesetzentwurf vom Bundesbeauftragten auf seine Kulturverträglichkeit geprüft.
Aus dem Etat des Kulturstaatsministers in Höhe von inzwischen fast 1,3 Milliarden Euro werden u.a. die Deutsche Welle, die Deutsche Nationalbibliothek, das Bundesarchiv, die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, das Deutsche Historische Museum, das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland finanziert. Weitere Schwerpunkte sind die Filmförderung des Bundes, der Schutz von Kulturgut gegen Abwanderung ins Ausland und die Beteiligung am Ankauf national wertvollen Kulturgutes sowie gemeinsam mit den Bundesländern die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Gedenkstätten für das Erinnern an NS-Terrorherrschaft und SED-Diktatur.
Über diese Zuständigkeiten des Kulturstaatsministers hinaus gehören zu den Kulturausgaben des Bundes u.a. auch die Etats für die Auswärtige Kulturpolitik im Auswärtigen Amt oder Mittel für Programme wie „Kultur macht stark“, das Bundesjugendsinfonieorchester oder das Bundesjazzorchester und den Wettbewerb „Jugend musiziert“ im Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend.
Insgesamt stellt der Bund fast ein Drittel seiner kulturbezogenen Ausgaben für Kulturelle Angelegenheiten im Ausland bereit. Damit unterstützt er vor allem über die Deutsche Welle und die Goethe-Institute die Förderung der deutschen Sprache im Ausland, die kulturelle Kooperation und Informationsarbeit sowie die Vermittlung eines umfassenden Deutschlandbildes. Mit gut einem Viertel seiner gesamten Kulturausgaben finanzierte der Bund Bibliotheken und Archive. Für Museen und Sammlungen gibt er ca. 20 Prozent seiner gesamten Kulturmittel aus.
Abgesehen von den eigenen Bundesinstitutionen werden über 150 kulturelle Einrichtungen in Deutschland vom Bund gefördert. Obwohl die notwendige Haushaltskonsolidierung in anderen Etats zu spürbaren Einschnitten führte, stieg der Etat des „Beauftragten für Kultur und Medien“ in der Kanzlerschaft von Angela Merkel um bemerkenswerte 21,4 Prozent.
Insgesamt fördern in Deutschland Bund, Länder und Gemeinden Kultur mit ca. 9,1 Milliarden jährlich. Das sind insgesamt lediglich 0,8 Prozent aller gesamtstaatlichen Ausgaben. Trotz dieses minimalen Anteils an den Gesamthaushalten, glauben Länderfinanzminister seit einigen Jahren bei den Kulturausgaben kürzen zu müssen. Beispielsweise hat zum Jahresanfang die rotgrüne Landesregierung in Düsseldorf eine Sparliste für den Kulturetat vorgelegt: Die Fördermittel für Bibliotheken sollen mehr als halbiert, die Theaterförderung drastisch gekürzt und der Ankaufsetat für die Kunstsammlung NRW ganz gestrichen werden. Damit würde der Anteil des Kulturetats am Landeshaushalt in Nordrhein-Westfalen auf nur noch 0,3 Prozent sinken.
Auch in zu vielen Kommunen ist Kulturförderung längst zum Opfer populistischer Neiddebatten geworden. Zu oft wird geschwiegen, wenn das kulturelle Angebot in einer Stadt als zusätzlicher Luxus verunglimpft wird - sozusagen ein Sahnehäubchen, wenn alle anderen Aufgaben erledigt sind. Dem liegt ein merkwürdiges Menschenbild zugrunde, denn der Mensch lebt nicht vom Brot allein: Schon in der Schule gehören die Begegnung mit Kunst und Kultur ebenso zur Bildung der Persönlichkeit wie naturwissenschaftliches Verständnis und das Erlernen von Sprachen. Wer Kindern Musik, Theater oder bildende Kunst vorenthält und ihnen die Möglichkeit des eigenen Mitmachens verweigert, enthält ihnen wichtigen Erfahrungen vor, die die Qualität des Lebens ausmachen. Kultur als unverzichtbare Form zweckfreien Strebens des Menschen dient der Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung der Persönlichkeit.
Und in der Tat bemisst sich unser Leben doch nicht nur an der Zahl der Atemzüge, sondern wird lebenswert durch die Momente, in denen es uns den Atem verschlägt. Dass dies nicht nur für den Einzelnen gilt, sondern auch für die Gesellschaft insgesamt, hat Bundestagspräsident Norbert Lammert treffend so auf den Punkt gebracht: "Kunst und Kultur sind keine sympathische Nebensache, sondern die Hauptsache - was von dieser Generation übrigbleiben wird, sind nicht die Bahnhöfe, Flughäfen oder Steuergesetze, sondern das Selbstverständnis, das sich auf den Schöpfungen von Kunst und Kultur gründet."
Dieser Blick über den Tellerrand auf das Wesentliche, darf nicht verloren gehen. Kunst und Kultur können aber nur gedeihen, wenn sich Politik als Lobby dafür versteht. Deshalb sind Kulturpolitik und politische Kultur wie zwei Seiten einer Medaille. Der Bund hat dafür in den letzten Jahren durch eine kontinuierliche Ausweitung seiner Kulturförderung Maßstäbe gesetzt. Bundesländer und Kommunen sollten dies nicht nur wegen ihrer grundgesetzlich zugewiesenen „Kulturhoheit“ als Ansporn verstehen.
Wer stattdessen den vermeintlich bequemen Weg der Kulturkürzung geht, um populistische Instinkte zu befriedigen, muss sich mit Karl Kraus entgegenhalten lassen: „Wenn die Sonne der Kultur untergeht, werfen selbst Zwerge lange Schatten.“
Die Presse zum Buch:
"unbedingt lesenswert" + "verfasst von einem Mann mit genauem Blick in die Kulissen der Macht" + "ausgewogen" + "anschaulich" + "persönlich, direkt, ganz nah dran" + "schildert Kohls Charakter-züge" + "spannende Hinter-gründe" + "keine undifferen-zierte Schwärmerei"
Ausführliche Pressestimmen zum Buch finden Sie hier
die Grünen und die von ihnen geführte Verwaltung, um die Einspurigkeit auf der Adenauerallee durchzusetzen. So wurde gegenüber Rat und Öffentlichkeit fälschlicherweise behauptet, es gebe rechtliche Vorschriften, die die Einspurigkeit der Adenauerallee erzwingen würden. Tatsächliche gibt es diesen rechtlichen Zwang nicht, sondern es geht um eine politische Entscheidung.