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Stephan Eisel
Zehn Thesen zur Erneuerung
der Bonner CDU
Nach ihrer schmerzlichen Niederlage bei der Kommunalwahl 2020 ist die Bonner CDU erstmals nicht mehr stärkste Partei in Bonn. Jetzt muss die Partei in der Opposition die Chance zur Erneuerung nutzen. Als langjähriges Mitglied und ehemaliger Kreisvorsitzender will ich dazu mit diesen zehn Thesen anregen:
1) Nur wer eigene Fehler benennt, kann auch daraus lernen.
Wahlanalysen dürfen sich nicht auf statistische Betrachtungen von Wählerwanderungen beschränken, sondern müssen klar die eigenen politischen Fehler benennen. Diese Debatte darf nicht verdrängt, sondern muss gefördert werden. Es gilt die alte Volksweisheit: „Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung.“
2) Ursache der Wahlniederlage waren nicht organisatorische Defizite, sondern politische Fehler.
Wir haben nicht wegen einer unzureichenden Plakatierung oder fehlender Aktivitäten in den sozialen Medien verloren - so ärgerlich diese Mängel auch waren. Ursächlich waren vor allem inhaltliche Defizite. Lange Organisations- und Strukturdebatten lenken davon ab und unterstreichen nur die Binnenfixierung als eines der Probleme der Bonner CDU.
3) Die Bonner CDU muss dringend ein eigenes kommunalpolitische Profil entwickeln.
Es hat sich bitter gerächt, dass in der zehnjährigen Zusammenarbeit mit den GRÜNEN das pure Funktionieren der Koalition wichtiger war als eigene Ziele. In dieser Ratskoalition war die CDU meist nur stiller und reaktiver Teilhaber. Während die GRÜNEN mit immer neuen Initiativen den Ton angaben, hechelte die CDU oft hinterher. Immer wieder war aus der CDU-Ratsfraktion zu hören: „Wir haben doch das Schlimmste verhindert“. Damit gewinnt man kein eigenes Profil. Wichtig sind die eigenen Ziele.
4) Die CDU muss als Volkspartei ihre Kraft aus der Mitte der Stadtgesellschaft schöpfen.
Wenn die CDU die moderne Bonn-Partei sein will, darf sie sich nicht vom Lebensgefühl der Menschen entfernen. Es ist deshalb falsch, die Bonner CDU als „Großstadt-Partei“ zu definieren. Die Bonner wollen weder in einer Großstadt leben noch empfinden sie Bonn als solche. Sie leben gerne in dieser Stadt, weil sie die Vorteile einer größeren Stadt mit der Übersichtlichkeit der örtlichen Strukturen verbindet. Wir dürfen uns nicht wie die Grünen auf nur einen Teil der Stadtgesellschaft fokussieren, sondern müssen sie in ihrer Gesamtheit einbeziehen. Dabei sollten wir den Blick auf die Bonner Wirklichkeit neu schärfen: Unsere Wirtschaft besteht nicht nur aus DAX-Unternehmen, sondern aus einem breiten Mittelstand und vielen Selbstständigen. Der Bund ist mit den Ministerien und Bundesbehörden nach wie vor der größte Arbeitgeber in Bonn. Die Kulturszene wird von besonderem bürgerschaftlichen Engagement getragen und fühlt sich gerade in diesem Teil oft von der CDU unbeachtet. Die Karnevalsszene integriert besonders gut Alteingesessene und Neuzugezogene. Davon können wir lernen. Es gibt in Bonn mehr über 65jährige Wähler als 18 - 30jährige. Es entspricht nicht dem Selbstverständnis der CDU, diese Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen, sondern wir müssen sie zusammenführen.
5) Wichtige Entscheidungen brauchen eine breite Basis.
Viele CDU-Mitglieder konnten sich mit wichtigen Entscheidungen (z. B. Melbbad, Festspielhaus, Beethovenhalle, Zentralisierung Bürgerdienste) nicht identifizieren, weil diese in kleinen Zirkeln gefallen und nicht das Ergebnis einer offenen Debatte und breiten Meinungsbildung waren. Allzu oft hat sich die Partei mit wichtigen kommunalpolitischen Fragen nicht befasst, weil dies Zuständigkeit der Fraktion sei. Natürlich lehnen wir ein imperatives Mandat ab, denn Ratsmitglieder wurden von allen Bürgern gewählt. Aber sie wurden von uns aufgestellt und auch wegen ihrer Zugehörigkeit zur CDU gewählt. Deshalb müssen sie für ihre Meinungsbildung auch wissen, was die Partei zu wichtigen Fragen denkt. Vor (!) Entscheidungen muss unter CDU-Mitgliedern das Für und Wider offen ausgetauscht werden. Dabei muss den Mitgliedern z. B. bei Kreisparteitagen ein stärkeres Gewicht zukommen. Wichtige Grundentscheidungen müssen dort fallen, und zwar ohne dass sie andernorts vorbestimmt sind.
6) Die CDU muss Anwalt der Bürger gegenüber der Verwaltung sein.
Die Bonner Kommunalverwaltung leistet in vielen Bereichen gute Arbeit, aber es gibt auch Fehlentscheidungen und oft auch überflüssige Bürokratie. Diese haben nicht die Mitarbeiter zu verantworten, sondern die Führungskräfte. Wo in der Verwaltung Mist gebaut wird, muss die CDU die dafür Verantwortlichen ohne Rücksicht auf deren Parteibuch klar benennen. Beispiele für falsche Führungsentscheidungen sind das Desaster bei der Beethovenhalle, die unsinnige Zentralisierung der Bürgerdienste oder Versäumnisse bei „Urban Soul“. Wenn die CDU diese Mängel nicht klar benennt, wird sie als Verwaltungspartei wahrgenommen, wo sie doch Bürgerpartei sein sollte.
7) Es wurden nicht die GRÜNEN gewählt, sondern die CDU wurde abgewählt.
Die Reaktionen der Bürgerschaft auf die ersten politischen Entscheidungen der neuen Ratsmehrheit bestätigen, was auch im Wahlkampf oft zu hören war. Ausschlaggebend für das Wahlergebnis war viel mehr die Enttäuschung über die CDU als Kenntnis und Zustimmung zu konkreten Vorschlägen der Grünen. 70 Prozent der Bonner haben die Grünen nicht gewählt. Die Bonner CDU muss aufhören, sich an den Grünen zu orientieren. Die Grünen sind in Bonn der Hauptwettbewerber der CDU. Die Menschen müssen klarer erkennen, worin sich die CDU von anderen Parteien, auch den Grünen, unterscheidet.
8) Die CDU muss sich bei den kommunalpolitischen Hauptthemen zügig positionieren.
So sinnvoll der geplante Programmprozess „Bonn 2030“ ist, so wenig ersetzt er die aktuelle Profilbildung. Wichtige kommunalpolitische Fragen bedürfen einer baldigen Positionierung: Neubau oder Sanierung der Oper, Verkehrspartnerschaft unter Einbeziehung des Individualverkehrs oder einseitige Verkehrswende als Anti-Auto-Politik, mehr Bürgerfreiheit oder weitere Verwaltungsausweitung usw. Zu solchen Fragen muss schnell eine breite innerparteiliche Meinungsbildung unter Einbeziehung der Stadtgesellschaft organisiert werden.
9) Die Bonner CDU ist nicht nur Kommunalpartei
Das Profil der Bonner CDU darf sich nicht auf Kommunalpolitik beschränken, sondern sie muss auch in landes-, bundes- und europapolitischen Fragen wieder öffentlich sichtbarer werden. Diese ursprüngliche Stärke der Kreispartei ist fast gänzlich verloren gegangen. Diese Politikfelder dürfen auch nicht in Arbeitskreise abgeschoben werden, sondern müssen die Partei insgesamt beschäftigen. Die meisten Mitglieder der Bonner CDU sind nämlich nicht aus kommunalpolitischen Gründen der Partei beigetreten.
10) Zukunftsmut und Gestaltungsfreude müssen wieder die Kennzeichen der Bonner CDU werden.
Die Bonner CDU muss sich insgesamt wieder als politische Kraft mit kämpferischer Gestaltungsfreude darstellen und den gemächlichen Eindruck der letzten Jahre abstreifen. Das erfordert von den Führungsgremien und -persönlichkeiten natürlich auch der Mut zum eigenen Standpunkt. Flotte Sprüche oder schicke Videos greifen hier zu kurz. Entscheidend für politische Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Wähler bleibt der Inhalt und nicht die Verpackung.
Der notwendige Erneuerungsprozess geht alle Parteimitglieder an, nicht nur Amts- und Mandatsträger. Eine Stärke der Bonner CDU ist das Mitgliederprinzip, dem wir wieder mehr Raum geben müssen.
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die Grünen und die von ihnen geführte Verwaltung, um die Einspurigkeit auf der Adenauerallee durchzusetzen. So wurde gegenüber Rat und Öffentlichkeit fälschlicherweise behauptet, es gebe rechtliche Vorschriften, die die Einspurigkeit der Adenauerallee erzwingen würden. Tatsächliche gibt es diesen rechtlichen Zwang nicht, sondern es geht um eine politische Entscheidung.