Die vollständige Selbstdarstellung "Veränderungen" des ausscheidenden Oberbürgermeisters Nimptsch finden Sie hier (96 Seiten).
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Stephan Eisel
Die Nimptsch-Bilanz
Am 21. Oktober 2015 ist es (endlich) soweit: Mit Ashok Sridharan (CDU) bekommt Bonn einen neuen Oberbürgermeister. Dass viele Bonner dies herbeigesehnt haben, zeigt die überraschende absolute Mehrheit für Sridharan schon im ersten Wahlgang. Das Wahlergebnis war auch eine (virtuelle) Abwahl seines Amtsvorgängers Jürgen Nimptsch (SPD). Dieser hat zwar auf eine erneute Kandidatur verzichtet, aber während seiner Amtszeit hatte sich eine zunehmende Wechselstimmung aufgebaut.
Natürlich hat sich auch Jürgen Nimptsch mit ganzer Kraft und viel Herzblut für Bonn eingesetzt. Das gilt es anzuerkennen, auch wenn die Bilanz seiner Amtszeit viele Bürger nicht überzeugt hat. Man könnte es bei dieser Bemerkung belassen, aber das hat Herr Nimptsch selbst verhindert: Wenige Tage vor seinem Ausscheiden veröffentlichte er als 96-seitige städtische Broschüre seine eigene „Zusammenstellung“ zu den „sechs Jahren Stadtgeschichte“, an denen er beteiligt war. Es sei „ist weniger ein Bericht über meine Arbeit“, sondern „mir liegt daran deutlich zu machen, ….dass keine Rede davon sein kann, wie gelegentlich behauptet wird, es sei eine Art Stillstand eingetreten.“ Dagegen setzt Nimptsch für die eigene Bilanz fast trotzig die Überschrift „Veränderungen“.
Die „Zusammenstellung“ der eigenen Sicht auf die OB-Tätigkeit offenbart in Umfang und Inhalt noch einmal das Problem der Amtszeit von Jürgen Nimptsch: Es waren sechs Jahre, die überwiegend durch Reaktion und kaum durch Gestaltungswillen geprägt waren.
Das mag mit der Ausgangslage zu tun haben: 2009 traten bei CDU wie SPD zur OB-Wahl die jeweiligen „Wunschkandidaten“ nicht an. Nominiert wurden (ohne parteiinterne Alternativen) die beiden Überraschungs- (Verlegenheits-?) kandidaten Christian Dürig (CDU) und Jürgen Nimptsch (SPD). Man kann aufgrund der damaligen Umfragen im Vorfeld der Bundestagswahlen getrost davon ausgehen, dass Nimptsch zunächst nicht mit einem Wahlsieg gerechnet hat. Die CDU ebnete den Weg durch eigene Fehler, die FDP war zum Nachteil der CDU mit einem eigenen Kandidaten angetreten. Dennoch fiel das Ergebnis kapp aus: Am 30. August 2009 wurde dann Nimptsch mit nur 40,9 Prozent der Stimmen vor Dürig (35,4 Prozent) zum Oberbürgermeister gewählt.
Man hatte oft den Eindruck, dass Jürgen Nimptsch nicht wirklich wusste, was er mit dem neuen Amt anfangen sollte. Die von ihm sogleich plakativ verkündete „Bürgerbeteiligung“ wirkte deshalb allzu oft wie Entscheidungsflucht und verhedderte sich zudem in ebenso teuren wie manipulativen Internetverfahren („Bonn packt´s an“), die die Bürgerschaft fast geschlossen ablehnte.
Zugleich stellte Nimptsch sich – entgegen der Kommunalverfassung – demonstrativ über den Stadtrat und sah sich selbst in edler Überparteilichkeit, die Stadtverordneten aber in den Niederungen der Parteipolitik. In seiner Halbzeitbilanz 2012 brachte er dies sogar zu Papier: „Ich bin als Oberbürgermeister für alle Bonnerinnen und Bonner ohne Parteilogo angetreten und bin allen Bürgerinnen und Bürgern verpflichtet, während die Stadtratsmitglieder alle für eine Partei kandidiert haben und sich auch dieser verpflichtet fühlen.“ Es ist kein Wunder, dass diese andere herabsetzende Selbstverklärung sein Verhältnis zu den Stadtverordneten immer wieder belastete.
Als er im Rat wegen seiner Alleingänge durch Beschluss gerügt wurde, verglich sich Nimptsch ohne Zögern mit dem Bundespräsidenten, denn er müsse eben „dem Stadtrat gelegentlich empfehlende Hinweise geben … wie ein Bundespräsident, der gelegentlich mahnende Worte für das Parlament oder korrigierende Worte für die Kanzlerin findet.“ Dieses Selbstcharakterisierung spricht ebenso Bände wie die Eingangsbemerkung der Abschlussbilanz, mit der er Bundespräsident Gauck zum eigenen „besonders geschätzten Ratgeber„ ernennt. So überrascht auch nicht, dass Nimptsch der Bewertung der eigenen Amtszeit sicherheitshalber zwei eigene Zitate voranstellt, und die Bewertung nicht anderen überlässt.
Wer Jürgen Nimptsch gerecht werden will, sollte seinen Rückblick auf die eigene Amtszeit ernst nehmen: Einen viel zu oft selbstmitleidig-beleidigten Ton des mißverstandenen und ungerecht behandelten Amtsinhabers kombiniert er mit harschen persönlichen Angriffen auf seine Kritiker, die vielfach jede Souveränität vermissen lassen. Dass Nimptsch z. B. seinem Ärger über den General-Anzeiger in längeren Passagen Luft macht, mag man als persönliche Empfindlichkeit abtun: Wenn er dessen Chefredakteur aber mit dem der BILD-Zeitung während der Wulff-Affäre vergleicht („Unser Diekmann hieß Tyrock und unser Wulff hieß Dieckmann.“)verliert er jedes Maß.
Eine Grenze überschreitet Nimptsch auch, wenn er im Kapitel „Bonner Bäder“ schreibt: „Drei Kinder … ertranken fast in einem unserer Bäder und konnten nur gerettet und reanimiert werden, weil zwei (!) Fachkräfte anwesend gewesen waren. Der Leiter des Bäderbetriebes und ich sind bis heute der Auffassung, dass die Haltung, zwei Fachkräfte einzusetzen, richtig ist. Mein Nachfolger, der nicht wie ich selbst 30 Jahre als Lehrer am Beckenrand gestanden hat und der persönlich nicht über diese speziellen Erfahrungen verfügt, mag dies anders sehen. Er wird es dann aber auch verantworten müssen.“
Abgesehen vom Stil, ist auch aufschlussreich wie Nimptsch die letzten Jahre inhaltlich darstellt. Einen großen Raum nimmt dabei naturgemäß das von ihm nicht verursachten WCCB-Desaster ein. Dass er praktisch durch Ratsbeschluss über den „Heimfall“ zur Fertigstellung gezwungen werden musste, vergisst er ebenso zu erwähnen wie die mit teuren Gutachten garnierten Jahre der Entscheidungslosigkeit. Auch ansonsten dominiert selektives Erinnern. So schreibt er – um nur fünf Bespiele zu nennen – über
seine Initiative für eine „Neubewertung“ des Bonn-Berlin-Gesetzes ohne zu erwähnen, dass dieser Alleingang von einer breiten Ratsmehrheit (mit den Stimmen der SPD !) gerügt wurde.
die „Legende von den Lärm-Motzki, denen sich die Stadt fortwährend beugen würde“ und verschweigt, dass auf seine Veranlassung vorbeugende Lärmmessungen alltäglich wurden.
die Sanierung der Beethovenhalle, dass „derzeit nur Geld für unabweisbare notwendige Maßnahmen vorhanden“ sei und verschweigt, dass mehrere Verwaltungsvorlagen für eine aufwendige Sanierung seine Unterschrift tragen.
seine ständig wiederholte Idee der Zusammenlegung der Opern von Köln und Bonn, ohne zu erwähnen, dass die Kölner das ablehnten und der Bonner Rat bereits am 28. Juni 2012 einstimmig beschlossen hatte: „Der Rat der Stadt Bonn kritisiert in Form und Inhalt den erneuten Vorstoß des Oberbürgermeisters Nimptsch zu einer KölnBonner Opernfusion und distanziert sich ausdrücklich von der Haltung des Bonner Oberbürgermeisters.“
das „kulturelle Flagschiff Beethoven Orchester Bonn“ ohne zu erwähnen, dass in seinem Auftrag dessen Eigenständigkeit durch Integration ins das Bonner Theater zur Disposition gestellt wird, er dem erfolgreichen GMD Blunier die Weiterarbeit in Bonn verweigerte und die Suche nach einem Nachfolger unter seiner Ägide ins Desaster führte.
Weil seine Amtszeit untrennbar mit dem blamablen Ende des Beethoven-Festspielhauses verbunden bleiben wird, kommt Nimptsch in seiner Abschlussbilanz immer wieder darauf zurück. Schuld am Scheitern waren auch hier aber nur andere: „Beim Projekt „Festspielhaus“ hätte ich mir von allen Beteiligten einen längeren Atem gewünscht. Von der Idee bis zur Realisierung hat das Festspielhaus in Salzburg 30 Jahre gebraucht und bei der Oper in Sydney dauerte es sogar noch länger.„ In seiner Erinnerung blendet Nimptsch u.a. aus, dass ihm massiver Protest der Bürgerschaft entgegenschlug als er 2010 das Projekt einseitig aus Eis legte, er als Verwaltungschef für viele zu spät vorgelegte und irreführende Verwaltungsvorlagen zum Festspielhaus verantwortlich war und trotz vielfacher Aufforderung die Bürgerschaft nicht ausreichend über die Grundlagen des Projektes informierte.
Es passt ins Bild, dass die 39 Mio Euro des Bundes fürs Festspielhaus auf 96 Seiten überhaupt nicht erwähnt werden. Kein Wort findet sich auch darüber, dass die Deutsche Post DHL ihr Engagement einstellte, weil „schon zum Start kein eindeutiger Schulterschluss innerhalb der Stadt zu erkennen ist“. Auch wenn er dies verschweigt, ändert das nichts daran, dass Herr Nimptsch als Oberbürgermeister an entscheidender Stelle mitverantwortlich war. Es spricht manches dafür, dass aus seiner Amtszeit vor allem die Festspielhaus-Blamage dauerhaft in Erinnerung bleiben wird...
Die Presse zum Buch:
"unbedingt lesenswert" + "verfasst von einem Mann mit genauem Blick in die Kulissen der Macht" + "ausgewogen" + "anschaulich" + "persönlich, direkt, ganz nah dran" + "schildert Kohls Charakter-züge" + "spannende Hinter-gründe" + "keine undifferen-zierte Schwärmerei"
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die Grünen und die von ihnen geführte Verwaltung, um die Einspurigkeit auf der Adenauerallee durchzusetzen. So wurde gegenüber Rat und Öffentlichkeit fälschlicherweise behauptet, es gebe rechtliche Vorschriften, die die Einspurigkeit der Adenauerallee erzwingen würden. Tatsächliche gibt es diesen rechtlichen Zwang nicht, sondern es geht um eine politische Entscheidung.