Einen Vorschlag zur Bonner Zukunftsperspektive jenseits der Beethovenhalle finden Sie hier.
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Stephan Eisel
Warum ich nicht für die Beethovenhalle spende
Am 10. Dezember 2015 hat die Bonner Ratskoalition aus CDU, Grünen, FDP gegen den Vorschlag des Oberbürgermeisters eine aufwendige Sanierung der Beethovenhalle für 50 Mio Euro (zzgl. möglicher Kostensteigerung von 25 %) beschlossen. Da nicht alle CDU-Stadtverordnete diesen Vorschlag unterstützten kam der Beschluß nur mit den Stimmen der Linken und Piraten zustande. Darin wird die Bonner Bevölkerung aufgerufen, dafür zusätzlich für die Hallensanierung zu 10 Mio Euro zu spenden.
Ich werde mich an dieser Spendenaktion nicht beteiligen und kann dies aus folgenden Gründen auch nicht empfehlen:
Der Sanierungsbeschluss des Rates ist unseriös, weil er – wie es im Text wörtlich heisst - „vor Abschluss der Entwurfsplanung und Prüfung der Kostenberechnung“ erfolgte. Ausdrücklich wird darauf verwiesen, dass eine „vertiefte Entwurfsplanung ... aufgrund der Komplexität noch nicht abgeschlossen werden„ konnte: „Bei der aktuell vorliegenden Datengrundlage wären jegliche Versuche einer Wirtschaftlichkeitsberechnung für einzelne Module letztlich eine Gleichung mit vielen Unbekannten und würden in keiner Weise soliden und verbindlichen Anforderungen genügen.“ Wer auf einer solchen Grundlage beschließt, hohe zweistellige Millionenbeiträge auszugeben, handelt nicht verantwortlich.
Die vom Rat beschlossene Sanierung im Bestand ist ein völlig unkalkulierbares finanzielles Risiko. Schon vom April bis Dezember 2015 korrigierte die Stadtverwaltung ihre eigene Kostenschätzung um mehr als ein Drittel nach oben. Dennoch benennt der Ratsbeschluss ein weiteres Kostensteigerungsrisiko von 25 Prozent. Der Rat hat in Wahrheit also nicht 50 Mio Euro beschlossen, sondern rechnet schon jetzt mit Ausgaben bis zu 65 Mio Euro. Das ist mehr als das Vierfache des Betrages, den die Stadt für das Festspielhaus hätte aufwenden müssen – und dafür bekommt sie noch nicht einmal einen modernen Konzertbau. Nach allen Erfahrungen bei öffentlichen Bauten führt die Realisierung – insbesondere bei Sanierungen im Bestand – zu weiteren Kostensteigerungen. In Köln liegt die Kostensteigerung für die Opernsanierung schon jetzt bei 60 Prozent. Für den städtischen Haushalt wird die Beethovenhalle zum Millionengrab.
Die vom Rat beschlossene Sanierung der Beethovenhalle wird ausschließlich über eine weitere Verschuldung der Stadt finanziert. Ausdrücklich heisst es dazu im Beschluss: "Im Rahmen der finanziellen Rahmenbedingungen der Stadt Bonn können jegliche Baukosten für diese Maßnahme nur über eine Kreditaufnahme und damit eine Neuverschuldung oder Zuschüsse im Bereich der Stadt Bonn finanziert werden.“ Die Finanzierung der Schulden wird damit zu Lasten anderer Aufgaben der Stadt gehen. Oberbürgermeister Sridharan hat dem General-Anzeiger in einem Interview am 28. Dezember 2015 noch einmal ausdrücklich gesagt, „dass wir uns die beschlossene Variante nicht leisten können.“
Es liegt kein Businessplan für die Betriebskosten der Beethovenhalle vor, obwohl der Rat im Mai 2015 ausdrücklich beschlossen hat: „Bis zur Vorlage der Entwurfsplanung ist auch für die Beethovenhalle ein Businessplan, nach Möglichkeit auf Basis des seit mehreren Jahren beschlossenen Auftrages eines Hallenkonzeptes, vorzulegen.“ Dazu heißt es in seinem Sanierungsbeschuss des Rates lapidar: "Dieser Businessplan konnte weder seitens der Stadt noch der Betreibergesellschaft Bonn Conference Center Management GmbH erstellt werden, da eine valide Aussage über mögliche Veranstaltungsformate sich erst bei konkretisierender Bauplanung erstellen lässt.“ Im Klartext: das Betriebskostendefizit für die Beethovenhalle, das schon jetzt bei ca. 2 Mio Euro liegt, wird zu Lasten der Steuerzahler weiter steigern.
Obwohl noch im Frühjahr 2015 als Entscheidungsvoraussetzung vom Rat gefordert, liegt auch ein Hallenkonzept nicht vor. Es gibt in Bonn nämlich eine Überkapazität am Mehrzweckhallen. Die aufwendige Sanierung der Beethovenhalle ignoriert dies. Der Rat hat sie beschlossen, obwohl die Stadtverwaltung in ihrer Vorlage ausdrücklich mitgeteilt hat: „Diese Ausführungen zeigen auf, dass zwar darstellbar ist, welche Auswirkungen sich aus den einzelnen Modulen ergeben können, letztlich sind dies aber keine sicher vorhersehbaren und dadurch auch keine hart betriebswirtschaftlich kalkulierbaren Parameter, da etwa die Veränderung des Rufes der Beethovenhalle nicht planbar ist und auch die Nachfrage für Veranstaltungsformate, die bislang nicht möglich waren, von der Bereitschaft der Veranstalter, in die Beethovenhalle zu wechseln und letztlich auch von der konkreten Preisgestaltung am Markt abhängig sind.“
Die Sanierungsbeschluss des Rates schließt trotz erheblicher finanzieller Aufwendungen für den alten Mehrzwecksaal eine akustische Verbesserung ausdrücklich aus. In der dem Rat vorliegenden Projektbeschreibung für die aufwendige Sanierung heisst es wörtlich: „Projektgrenzen: Keine raumakustische Verbesserung des großes Saales für Musik“. Ein dauerhafter Erhalt der überholten Mehrzweckhalle steht auch der Profilierung Bonns als Beethovenstadt im Weg, weil damit ein angemessener Konzertsaal weiter verzögert wird.
Die Bevölkerung wird zu Spenden für das sog. „Forum Süd“ aufgerufen, weil für den Rat der dort vorgesehene Proberaum für das Beethoven Orchester zweitrangig ist. Im Sanierungsprogramm des Rates gibt es dafür keine Mittel, weil unter dem Einfluß der Grünen teure Denkmal-Maßnahmen wie die eine Fassade aus Natur- und Glasbausteinstein (2,3 Mio Euro) oder eine „denkmalgerechte“ Klimaanlage (ca. 9 Mio) im Mittelpunkt stehen. Für das, was der Rat für zweitrangig hält, sollen jetzt die Bürger zur Kasse gegeben werden.
Für das Beethoven-Jubiläum 2020 verändert die teure Sanierung der Beethovenhalle nichts, weil sich am Mehrzwecksaal im Blick auf dessen Konzerttauglichkeit nichts ändert. Für Sinfoniekonzerte wird es zum 250. Beethoven-Geburtstag in der Geburtsstadt des Komponisten nur Provisorien geben: eine Mehrzweckhalle und einen Tagungsraum (WCCB). Niemand wird wegen der Konzerte in solchen Provisorien nach Bonn kommen. Die national oder international ausstrahlenden Konzerte des Beethovenjahres 2020 werden nicht in Bonn stattfinden. Das Thema Konzertsaal ist bis 2020 leider nicht so zu lösen, dass Bonn hier wettbewerbsfähig wird. Es hilft nichts vor dieser Realität die Augen zu verschließen.
Alle Beteiligten sind gut beraten, das Beethoven-Jubiläum 2020 nicht an der Beethovenhalle festzumachen. Viel wichtiger ist es das hervorzuheben und zu pflegen, was es zu Beethoven nur in Bonn gibt. Es geht um ein Programm, das Bonn unverwechselbar macht, und mit den authentischen Orten nachhaltige Strukturen für die Profilierung als Beethovenstadt zu schaffen – sei es mit wahrnehmbaren Beethoven-Rundgang, kontinuierlicher Nachwuchsförderung beispielsweise durch einen Beethoven-Campus oder die Verbesserung der Möglichkeiten des Beethoven-Hauses. Dafür ist das Geld viel besser angelegt als in der alten Mehrzweckhalle.
Manche sehen in der Beethovenhalle ein wertvolles „Baudenkmal“, das es um jeden Preis zu erhalten gilt. Diese Meinung teile ich nicht: Weder ist die Halle als Bauwerk ansprechend noch ist sie ein wichtiges Symbol deutscher Nachkriegsgeschichte. Dafür stehen in Bonn Gebäude wie das Museum König, die Villa Hammerschmidt oder der Lange Eugen. Und was das historische Stadtbild und die Stadtgeschichte betrifft, ist das dringend sanierungsbedürftige Bonner Münster um ein Vielfaches bedeutender. Deshalb habe ich mich gerne an der Spendenaktion „Steinpatenschaft“ für das Münster beteiligt.
Der Denkmalschutz für die Beethovenhalle ist im übrigen eine rein politische Entscheidung. Der Rat hat ihn 1990 beschlossen und kann ihn auch wieder aufheben. Bis 2009 war das auch vorgesehen, denn im ersten Architektenwettbewerb sollte das Festspielhaus mit ausdrücklichem Einverständnis der Stadt die Beethovenhalle ersetzen. Für Bonn wäre das nach wie vor die beste Lösung – auch wenn sie wegen der Versäumnisse von Rat und Verwaltung für 2020 nicht mehr realisierbar ist.
Die Presse zum Buch:
"unbedingt lesenswert" + "verfasst von einem Mann mit genauem Blick in die Kulissen der Macht" + "ausgewogen" + "anschaulich" + "persönlich, direkt, ganz nah dran" + "schildert Kohls Charakter-züge" + "spannende Hinter-gründe" + "keine undifferen-zierte Schwärmerei"
Ausführliche Pressestimmen zum Buch finden Sie hier
die Grünen und die von ihnen geführte Verwaltung, um die Einspurigkeit auf der Adenauerallee durchzusetzen. So wurde gegenüber Rat und Öffentlichkeit fälschlicherweise behauptet, es gebe rechtliche Vorschriften, die die Einspurigkeit der Adenauerallee erzwingen würden. Tatsächliche gibt es diesen rechtlichen Zwang nicht, sondern es geht um eine politische Entscheidung.