Zum Interview von Ilona Schmiel mit dem Generalanzeiger gehts hier.
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Generalanzeiger 12. März 2010:
BEETHOVEN FUNKTIONIERT AUF DER GANZEN WELT
Bonn. Vor wenigen Tagen hat Ilona Schmiel, Intendantin des Bonner Beethovenfests, das Programm des diesjährigen Festivals vorgestellt. Es steht unter dem Motto "Ins Offene - Utopie und Freiheit in der Musik". Was aus ihrer Sicht getan werden muss, damit das geplante Beethoven Festspielhaus keine Utopie bleibt, darüber sprachen mit ihr Bernhard Hartmann, Dietmar Kanthak, Thomas Kliemann und Andreas Tyrock.
General-Anzeiger: Denk' ich an das Festspielhaus in der Nacht...
Ilona Schmiel: ... dann träum' ich davon, dass es bald dasteht.
GA: Und am Tag träumen Sie von...?
Schmiel: Da versuche ich mir realistisch und konstruktiv klarzumachen, was die nächsten Schritte sind, wo Überzeugungsarbeit geleistet werden muss, und welche Fakten auf den Tisch müssen.
GA: Was stört Sie an der Festspielhaus-Diskussion derzeit am meisten?
Schmiel: Dass viele, längst bekannte Fakten in der öffentlichen Wahrnehmung nicht genügend präsent sind. Ein weiterer Punkt ist die vom Oberbürgermeister im Oktober angekündigte Bürgerbefragung zum Festspielhaus. Wenn man diese ankündigt, muss man auch liefern. Jetzt ist bereits März, und es gibt immer noch keinen Zeitplan darüber, wie dieses Vorhaben konstruktiv und fair umgesetzt werden soll.
Es ist mittlerweile eine Art Vakuum entstanden. Darin haben sich in der Zwischenzeit verschiedene Gruppierungen formiert, die die Meinungsbildung mitgestalten wollen, von denen einige nicht wirklich eine Informationsgrundlage bereitstellen. Das ist ein Problem, weil dadurch die Zielrichtung des Projekts und das Projekt selbst verwässert und zerredet werden.
GA: Das heißt, das Vakuum und die Bürgerbefragung gefährden das Festspielhaus?
Schmiel: Ja. Das macht es für viele Menschen nahezu unmöglich, einzuschätzen, was für eine Bedeutung dieses großartige Vorhaben sowohl für den Standort Bonn als auch unter nationalen und internationalen Gesichtspunkten haben kann. Wenn den Bürgern die Fakten dazu fehlen, können sie auch nicht beurteilen, ob das der Situation der Stadt, die natürlich eine angespannte Haushaltslage hat, förderlich ist oder nicht.
GA: Würden Sie lieber auf die Bürgerbefragung verzichten?
Schmiel: Ich bin gar nicht dagegen, die Bürgerbefragung als innovatives Instrumentarium anzuwenden. Aber es muss möglich sein, damit einen Prozess zu gestalten. Und dieser Prozess bedarf eines Zeitplans und einer Strategie. Wenn ich den Bürger befrage, muss ich ihm auch sagen, wie eine Auswertung aussehen wird. Wie geht man mit den Informationen um, die jemand gibt?
Wie kritisch kann sich jemand äußern? Wie klar sind die Fragen formuliert? Ich muss natürlich auch die Konsequenzen benennen, was denn passiert, wenn so ein Projekt nicht realisiert wird. Das ist ein wesentlicher Faktor. Denn wir sprechen über etwas, das der OB zu Recht als Jahrhundertprojekt bezeichnet.
GA: Sie sagen selbst, dass in den fünf Monaten seit der Ankündigung einer Bürgerbefragung nicht viel passiert ist. Gibt es da nach Ihrer Beobachtung eine Strategie?
Schmiel: Die Strategie bei der Einsetzung des Instruments Bürgerbefragung ist die, einen Bürgerentscheid zu verhindern. Das finde ich erst mal positiv. Zu sagen, ich will die Bürger mitnehmen und sie sollen sich noch mehr für das Projekt begeistern. Ich erwarte jetzt aber, dass man diese Strategie auch umsetzt.
GA: Es gibt immer wieder Diskussionen über die Finanzierung. Noch einmal zur Klarstellung: Wer zahlt was?
Schmiel: Wir haben das große Glück, dass die drei Bonner Unternehmen Deutsche Post DHL, Telekom und Postbank sich bereit- erklären, ein solches Gebäude als Sponsoren nicht nur zu finanzieren und zu planen, sondern es auch betriebsbereit und schlüsselfertig zu erstellen. Die Stadt hat für den Bau keine Last zu tragen. Die Frage, wie sich die Stadt in das Projekt Festspielhaus einbringt, betrifft die Stiftung, die das Festspielhaus betreibt. Die Finanzierung des Betriebs und die des Baus müssen daher strikt getrennt betrachtet werden.
GA: Warum wird in der öffentlichen Wahrnehmung die eigentlich doch klare Rollenverteilung von Sponsoren und Stadt immer wieder vermischt? Warum argumentieren noch immer sehr viele Leute, dass die Stadt Bonn mögliche Mehrkosten tragen müsse?
Schmiel: Weil in der Bevölkerung nach den jüngsten Erfahrungen in Bonn mit dem Baus des WCCB die Befürchtung besteht, dass bei solchen Großprojekten alles an der Stadt hängen bleibt. Das ist der eine Punkt. Der andere ist, dass Bau und Betrieb tatsächlich gerne vermischt werden. Man muss aber beide Felder getrennt betrachten. Es handelt sich um ein Modell, bei dem nicht die öffentliche Hand baut, sondern private Unternehmen.
Wenn man's positiv sieht: Die Unternehmen tragen dafür die Verantwortung, dass das Gebäude hinterher für die gedachten Zwecke, für Konzerte, für Veranstaltungen funktioniert. Vielleicht liegt es auch daran, dass der Unterhalt der Beethovenhalle eine Zeit lang vernachlässigt worden ist. Deswegen ist sie in einem schlechten Zustand. Das gleiche gilt auch für die Oper. Auch das sind Erfahrungen, die Bürger mit in die Waagschale werfen: Neue sowie bestehende Gebäude müssen unterhalten werden.
GA: Welche Kosten kommen da konkret auf die Stadt zu?
Schmiel: Das muss man seriös rechnen. Grundlage ist die Betreiberstiftung, aus deren Zinserträgen ein Großteil des Betriebs und des Unterhalts finanziert werden. Als städtischer Zuschuss-Beitrag steht die Zahl von jährlich 4,6 Millionen Euro im Raum. Die schlüsselt sich auf in 1,5 Millionen für Bauunterhalt, 1,5 Millionen für den Betrieb und 1,6 Millionen für das Beethovenfest.
Wenn die Stadt aber die Beethovenhalle saniert, hat sie nicht nur die Betriebs- und Unterhaltskosten, sondern muss darüber hinaus die Sanierung aus eigenen Kräften stemmen. Das sind Summen, die so im aktuellen Haushalt der Stadt nicht darstellbar sind. Auch deswegen wäre es ein Gewinn, wenn dieses neue Festspielhaus käme.
GA: Was bringt ein Festspielhaus neben diesen kommunal-finanziellen Aspekten noch für Bonn?
Schmiel: Bonn hat mit der Pflege von Beethovens Erbe die riesige Chance, einer nationalen Aufgabe gerecht zu werden. Das Festspielhaus ist keine städtische Immobilie, und der künstlerische Betrieb ist auch keine rein städtische Aufgabe. Das Festspielhaus hat eine Sonderstellung. Sonst hätte der Bund nicht beschlossen, 39 Millionen Euro für die Betreiberstiftung bereitzustellen.
Das gilt auch für die drei Millionen vom Rhein-Sieg-Kreis und die fünf Millionen von der Sparkasse KölnBonn. Bisher sind also schon 47 Millionen Euro für die Stiftung verbindlich in Aussicht gestellt worden. Zusätzlich Mittel des Landes Nordrhein-Westfalen. Diese Gelder für die Betreiberstiftung kommen aber nur, wenn das Festspielhaus eine nationale und internationale Aufgabe wahrnimmt.
GA: Mit einem spektakulären Neubau...
Schmiel: Von diesem architektonischen Wahrzeichen kann Bonn als Standort zusätzlich profitieren. Wenn man die Umwegrentabilität ermittelt, bin ich mir sicher, dass die Ergebnisse sehr positiv ausfallen. Deshalb spricht sich ja auch der Einzelhandel in Bonn ausdrücklich für den Bau des Festspielhauses aus. Man weiß, es kommt ein zusätzliches Publikum, das von der Architektur und dem Angebot angezogen wird.
GA: Mit dem Beethovenfest haben Sie ja derzeit eine sehr gute Auslastung von über 90 Prozent. Befürchten Sie, diese Marke mit der alten Beethovenhalle künftig nicht mehr erreichen zu können?
Schmiel: Wir haben allein in Nordrhein-Westfalen eine sehr starke Wettbewerbssituation. Hier gibt es sehr viel bessere Konzertsäle als die Beethovenhalle. International sowieso. Wenn wir aber weiterhin in der Spitze mithalten wollen, müssen wir diesen Wettkampf mit besseren Rahmenbedingungen aufnehmen.
Nicht nur für die Künstler auf und hinter der Bühne, sondern auch für das Publikum. Ich bin der Meinung, dass die demokratischste Form eines Konzertsaals die mit optimalen Hör- und Sichtbedingungen ist - unabhängig davon, wie teuer die Karte ist. Nur so ist das Festspielhaus auch für ein nachwachsendes und ein zusätzliches Publikum attraktiv.
GA: Für Sie gibt es zum Standort Beethovenhalle keine Alternative?
Schmiel: Ich finde diese Standortdiskussion eigentlich überholt. Alle wissen, dass unter den jetzigen finanziellen Rahmenbedingungen zwei Hallen nicht zu finanzieren sind, es sei denn man findet zusätzliche Mittel und ein schnell verfügbares attraktives Grundstück.
GA: Aus der Oper kommt jetzt der Vorschlag, das Opernhaus abzureißen und das Festspielhaus an diese Stelle zu errichten und es als kombinierten Konzert- und Theater- beziehungsweise Musiktheatersaal zu betreiben.
Schmiel: Ich betone, dass dieser Vorschlag mit der für das Festspielhaus vorgesehenen Finanzierungsstruktur nicht kompatibel ist. Das Theater ist eine kommunale Aufgabe, die beteiligten Unternehmen und der Bund aber geben Geld für eine nationale und internationale Aufgabe.
GA: Sie haben gerade gesagt, Sie würden gern in der Spitze mitspielen. Mit welchen Inhalten kann man ein Publikum anlocken?
Schmiel: Wir müssen die besten Künstler und die besten Ensembles der Welt weiterhin hierher einladen können. Wir haben mit "Beethoven" eines der besten Themen der Welt, wir haben mit dem Beethovenfest eine Marke installiert, die auf der ganzen Welt funktioniert. In diese Marke muss man künstlerisch investieren. Ansonsten wird das Haus ein vielfältiges Angebot vorhalten, das auch von regionalen Künstlern und Vereinigungen gestaltet werden kann.
GA: Wo sollen die Menschen herkommen, die ins Festspielhaus gehen? Wie ist der Einzugsbereich?
Schmiel: Wir wissen, dass das Publikum zu zirka 70 Prozent aus der Region ins Konzert kommt. Bei den verbleibenden 30 Prozent handelt es sich um nationale und internationale Gäste. Darüber hinaus sollte es gelingen, dass viele Menschen einen Platz vorfinden, an dem sie sich gern aufhalten, wo man vielleicht am Rhein im Bistro des Festspielhauses auch mal einen Kaffee trinken kann, ohne den Konzertsaal überhaupt zu betreten. Die Region muss das Festspielhaus mit Leben füllen. Das ist ganz wichtig.
GA: Und zur Region würden Sie auch Köln dazu zählen?
Schmiel: Natürlich.
GA: Wie sieht es angesichts der nicht enden wollenden Diskussion um das Festspielhaus aus Ihrer Sicht mit der Geduld der Partner aus?
Schmiel: Die Geduld wird bei vielen Partnern strapaziert. Bei den künftigen Veranstaltern ebenso wie bei denen, die das Geld zur Verfügung stellen wollen. Es ist ja in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht einfach, dafür zu werben, Geld für ein solches Projekt auszugeben. Der Faktor Zeit spielt eine große Rolle. Deswegen finde ich es wichtig und verantwortlich, einen Zeitplan zu kommunizieren, wann eine Entscheidung gefällt werden kann.
GA: Wann müsste das Festspielhaus betriebsbereit sein, um darin im Jahre 2020 Beethovens 250. Geburtstag mit weltweiter Aufmerksamkeit feiern zu können?
Schmiel: Es braucht etwa ein halbes Jahr Vorlauf für eine Testphase. Ich würde dennoch dringend raten, nicht so lange zu warten. Wenn nicht in diesem Jahr die Entscheidung fällt, ist es zu spät! Das ist meine sehr persönliche Meinung. Wenn etwa ein Bürgerentscheid sich gegen ein solches Projekt wendet, wird es Utopie bleiben.
GA: Würden Sie für diesen Fall persönlich Konsequenzen ziehen? Wären Bonn und das Beethovenfest für Sie dann weiterhin eine Option?
Schmiel: Ich bin solange dabei, wie es hier etwas auf- und auszubauen gibt.
Zur PersonIlona Schmiel ist seit 2004 Intendantin des Bonner Beethovenfests. Geboren wurde sie 1967 in Hannover. Sie studierte Gesang, Schulmusik, Altphilologie sowie Kultur- und Medienmanagement in Berlin und in Norwegen.
In den 90er Jahren organisierte sie unter anderem die weltweiten Operntourneen der "Arena di Verona". Seit 1998 leitete sie für vier Jahre das Bremer Konzerthauses "Glocke". Ilona Schmiel unterrichtet in Berlin Kultur- und Medienmanagement und ist seit 2005 Mitglied der Jury der Kulturstiftung des Bundes.
Die Presse zum Buch:
"unbedingt lesenswert" + "verfasst von einem Mann mit genauem Blick in die Kulissen der Macht" + "ausgewogen" + "anschaulich" + "persönlich, direkt, ganz nah dran" + "schildert Kohls Charakter-züge" + "spannende Hinter-gründe" + "keine undifferen-zierte Schwärmerei"
Ausführliche Pressestimmen zum Buch finden Sie hier
die Grünen und die von ihnen geführte Verwaltung, um die Einspurigkeit auf der Adenauerallee durchzusetzen. So wurde gegenüber Rat und Öffentlichkeit fälschlicherweise behauptet, es gebe rechtliche Vorschriften, die die Einspurigkeit der Adenauerallee erzwingen würden. Tatsächliche gibt es diesen rechtlichen Zwang nicht, sondern es geht um eine politische Entscheidung.