Stephan Eisel
25 Jahre nach dem Mauerfall
Die West-Ost-Wahlbeteiligungsschere
Die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg haben die Diskussion um die Wahlbeteiligung in Deutschland wieder neu belebt. In allen drei Ländern nahm nach der Sommerpause 2014 nur etwa die Hälfte der dazu Berechtigten an den Wahlen teil. Allgemein wurde dies als weiteres Indiz für einen kontinuierlichen Rückgang der Wahlbeteiligung gewertet. Ein genauerer Blick ergibt aber insbesondere im Langzeitvergleich ein differenzierteres Bild.
Landtagswahlen bieten sich besonders für einen solchen Langzeitvergleich im Blick auf Wahlbeteiligungen an, weil sie im Regelfall mehrfach jährlich stattfinden und in der Zusammenschau zugleich landesspezifische Sondereffekte relativiert werden können.1 Für eine genauere Analyse ist es dabei hilfreich, die erheblichen Größenunterschiede zwischen den Bundesländern zu berücksichtigen und auszugleichen. Dies ist möglich, wenn man die Summe der Wahlberechtigten und der Wähler bei allen Landtagswahlen jeweils für ein Jahr in Beziehung zueinander setzt. Daraus lässt sich eine „Jahreswahlbeteiligung“ für Landtagswahlen ermitteln:
(1990 mit den erstmaligen Landtagswahlen in den neuen Bundesländern ist bewusst als Sonderfall im Einheitsjahr nicht berücksichtigt. Ebenso sind die Landtagswahlen als Sonderfälle nicht berücksichtigt, deren Wahltermin mit der Bundestagswahl zusammen fiel.Würde man sie einschließen, läge die Beteiligung in Bundestagswahljahren um durchschnittlich vier Prozent höher. Berlin wurde zu den alten Ländern gezählt, weil der weit überwiegende Teil der Wähler im Westen der Stadt lebt. Es ist auch zu berücksichtigen, dass in den Jahren 1997, 2002, 2007 und 2010 jeweils nur eine Landtagswahl stattfand und deshalb für diese Jahre landesspezifische Besonderheiten nicht ausgeglichen worden sind.)
Dieser länderübergreifende Langzeitvergleich zeigt für die Jahre seit der Wiedervereinigung, dass
einem kontinuierlichen wellenförmigen Beteiligungsrückgang von 1998 – 2006 ein langsamer, aber stetiger Beteiligungsanstieg 2006 -2013 folgte.
die landesspezifische Spreizung der Wahlbeteiligung außerordentlich groß ist und bei ca. 20 Prozent liegt.1
Das Wahljahr 2014 unterbricht den Trend und brachte einen deutlichen Beteiligungseinbruch: Ausschlaggebend dafür ist, dass 2014 nach 2002 erst das zweite Wahljahr seit der Wiedervereinigung ist, in dem Landtagswahlen ausschließlich in den neuen Bundesländern stattfanden. Eine West-Ost-Differenzierung zeigt nämlich, dass sich ausgerechnet 25 Jahre nach dem Mauerfall die Beteiligung an Landtagswahlen in den neuen und alten Ländern weiter auseinander entwickelt.
(Den Höchststand der Beteiligung an Landtagswahlen nach der Wiedervereinigung erreichte Niedersachsen mit 73,8 Prozent 1994 und 1998, den Negativrekord von 44,4 Prozent verzeichnete 2006 Sachsen-Anhalt. In den allen Bundesländern fällt die jeweils niedrigste Beteiligung an Landtagswahlen seit der Wiedervereinigung ausnahmslos in die Zeit nach dem Jahr 2000.)
Der wachsenden Abstand der Beteiligung an Landtagswahlen in den alten und neuen Bundesländern ist unübersehbar:
In drei der fünf neuen Ländern ist die Landtagswahlbeteiligung bereits einmal unter die 50-Prozent-Marke gerutscht (Brandenburg 2014: 47,9; Sachsen 2014: 49,2; Sachsen-Anhalt 2006: 44,4). Bei den 20 Landtagswahlen in den neuen Ländern seit 1991 wurde nur zweimal die 60-Prozent-Marke übertroffen (Sachsen-Anhalt 1998: 71,7 und Sachsen 1999: 61,1)
Den Negativrekord in den alten Bundesländern hält Baden-Württemberg mit 53,4 Prozent (2006). Das ist zugleich bei 58 Landtagswahlen in den alten Bundesländern seit der Wiedervereinigung die einzige Landtagswahl, bei die Wahlbeteiligung unter 55 Prozent gesunken ist. In zehn Fällen lag sie über 70 Prozent, in 34 Fällen zwischen 60 und 70 und in 13 Fällen zwischen 55 und 60 Prozent.
In den ersten 15 Jahren nach der Wiedervereinigung lag die Landtagswahlbeteiligung in den alten Ländern um durchschnittlich fünf Prozent höher als in den neuen Bundesländern. In den letzten fünf Jahren hat sich dieser Abstand auf über zehn Prozent verdoppelt. Die Wahlbeteiligung geht nicht überall zurück, aber die Wahlbeteiligungsschere öffnet zwischen West und Ost unübersehbar.
Die Presse zum Buch:
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