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FÜR DIE CDU BRINGT DAS ERGEBNIS

der Bundestagswahl 2021 einen doppelten Auftrag: Sie muss mit Grünen und FDP darüber sprechen, wie Deutschland am besten regiert werden kann, und zugleich die eigene Partei so modernisieren, dass sie Volkspartei bleibt.
FÜR DIE CDU BRINGT DAS ERGEBNIS

 

 

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Stephan Eisel

Konsequenzen aus dem Ergebnis der Bundestagswahl 2021

Zuerst das Land und dann die Partei

Die Bundestagswahl 2021 war eine der spannendsten Wahlen seit langem. Entsprechend knapp fiel das Ergebnis aus. Man kann es im Vergleich zu den Bundestagswahlen 2017 bewerten oder im Vergleich zu den Erwartungshaltungen, die die ständig wechselnden Umfragen befeuerten. Bei einer unveränderten Wahlbeteiligung (76,6 Prozent / +0.4)  sind im wesentlichen folgende Fakten festzuhalten:

CDU/CSU

Mit einem Verlust von 8,8 Prozent gegenüber 20217 sind CDU/CSU klare Verlierer. Besonders deutlich ist die Niederlage in Mecklenburg-Vorpommern (-15,7), Schleswig-Holstein (- 12,0), Hamburg (-11,8) und Brandenburg (-11,4). Am geringsten waren die Verluste in NRW (-6,7) und Bayern (-7,1)

Fast alle Umfragen hatten der Union noch zwei Wochen vor der Wahl nur ca. 20 Prozent prognostiziert. Demgegenüber belegen 24,1 Prozent einen überzeugenden Schlussspurt. Das ändert allerdings nichts daran, dass es sich um das schlechteste Bundestagswahlergebnis in der Geschichte der Union handelt. Die Ursachen sind unterschiedlich und müssen aufgearbeitet werden: So blieben die langen kontroversen Auseinandersetzungen um den CDU-Vorsitz und die Kanzlerkandidatur nicht ohne Folgen, es gab Fehler in der Wahlkampfstrategie und als Kanzlerkandidat hat auch Armin Laschet Fehler gemacht. Er wurde aber auch in besonderer Weise nicht nur von politischen Gegnern persönlich attackiert. Auch der CSU-Vorsitzende beteiligte sich nach seiner Niederlage bei der Kanzlerkandidatur zu lange daran.

Vor allem gelang es der Union nicht, eine inhaltliche Botschaft in den Vordergrund zu stellen und so die Wähler zu überzeugen. Es ist ein Alarmzeichen, dass die Union bei den unter 30-jährigen mit zehn Prozent nur noch auf Platz vier hinter FDP (23) und Grüne (22) und SPD (15) liegt. Es ist die wesentliche Zukunftsaufgabe der Union, sich vom Verwaltungs- und Krisenbewältigungsmodus zu befreien, mehr politische Gestaltungskraft entwickeln und eine klare Antwort auf die Frage zu geben: „Was will die Union“. Wenn die CDU Volkspartei bleiben will, muss sie diese Aufgabe entschlossen angeben. Die letzten Monate haben gezeigt, dass Personaldebatten dabei nicht zum Ziel führen.

SPD

Der Zuwachs von 5,2 Prozent bringt die SPD gerade einmal auf das Niveau des schlechten Wahlergebnisses von 2013 mit dem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. Allerdings ist das Ergebnis von 25,7 Prozent ein gewaltiger Sprung gegenüber der Umfrageerwartung, die die SPD bis Anfang August bei ca. 15 Prozent gesehen hatten. Außerdem ist die SPD nach 1972, 1998 und (knapp) 2002 zum vierten Mal seit 1945 stärkste Fraktion im Deutschen Bundestag. Insgesamt ist das Wahlergebnis für die SPD jedoch viel mehr ein psychologischer als ein faktischer Sieg, denn die Erwartungen waren gering und das Ausgangsniveau war sehr niedrig.

Grüne und FDP

Die Grünen sind mit 14,8 Prozent weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben, die sie mit der Nominierung einer Kanzlerkandidatin verbunden hatten. Deshalb ist in der Partei die Freude trotz eines Zugewinns von 6,4 Prozent gebremst. So sehr der Klimaschutz die öffentliche Debatte dominierte, so sehr muss die Partei auch zur Kenntnis nehmen, dass 85 Prozent die „Klimapartei“ nicht gewählt haben. Das Problem der Grünen bleibt, dass sie als Ein-Thema-Partei wahrgenommen wird.

Mit 11,5 Prozent hat sich die FDP zwar nur stabilisiert (+0,8) – aber auf einem für ihre Verhältnisse hohen Niveau. Daraus ergibt sich ihr Selbstbewusstsein.

AFD und Linke

Die AfD hat sich trotz ihres radikalen Kurses mit rechtsextremistischen Elementen bei Verlusten von 2,3 Prozent mit 10,3 Prozent weiter etabliert. Vor allem ihre Erfolge in den neuen Bundesländern sind mit teilweise über 30 Prozent der Stimmen besorgniserregend.

Erfreulich ist, dass die Linke die Fünf-Prozent-Hürde knapp verpasst hat. Nur durch drei Direktmandate zieht sie in den Bundestag ein. Ihr Stimmenanteil hat sich halbiert. Vor allem gibt es keine Mehrheit für Rot-Rot-Grün. Hier war die Strategie der Union erfolgreich und hat ein gutes Ergebnis für Deutschland gebracht.

Ampel oder Jamaika

Das Wahlergebnis gibt Olaf Scholz das Initiativrecht für den Versuch, eine parlamentarische Mehrheit zu finden. Aber der Abstand zur Union ist mit 1,6 Prozent und zehn Sitzen im Bundestag so gering, dass er daraus keinen alleinigen Anspruch auf das Kanzleramt formulieren kann.

Dreimal stellte die SPD den Kanzler, obwohl sie bei den Bundestagswahlen nur auf Platz 2 landete: 1969 lag die SPD 3,4 Prozent hinter der Union und trotzdem wurde Willy Brandt Bundeskanzler. 1976 blieb Helmut Schmidt Bundeskanzler, obwohl die Union mit Helmut Kohl mit sechs Prozent Abstand vor der SPD gewonnen hatte. 1980 blieb Schmidt im Kanzleramt, obwohl die Union mit 1,6 Prozent vor der SPD lag. Auch in den Bundesländern gibt es viele Beispiele, dass der Zweitplatzierte die Regierung anführte.

Neben einer von niemanden gewollten Fortsetzung der Großen Koalition gibt es im Bundestag sowohl eine Mehrheit für eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP als auch für eine Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, Grünen und FDP. Wer dabei aufgrund des Wahlergebnisses eine Regierungsbeteiligung der Union prinzipiell ausschließen will, behandelt die 9,1 Millionen Wähler der Union als Wähler zweiter Klasse. CDU und CSU haben die Verpflichtung, deren Votum für eine bürgerliche Regierung zu vertreten.

Deshalb ist es richtig, dass auch die Union mit FDP und Grünen die Möglichkeiten einer Mehrheitsbildung erörtert. Dabei entscheiden letztlich weder SPD noch Union, zu welcher Koalition es kommt. Der Ball liegt bei den Grünen, die der SPD näherstehen, und der FDP, die sich näher bei der Union sieht. Um von diesen Präferenzen abzulassen, werden beide einen hohen Preis verlangen. Wer sich dabei vom eigenen Lieblingspartner emanzipiert, bekommt mehr für seine Themen und die eigene Klientel.

Für die Union mag der Gang in die Opposition einfach sein, weil man dort die zu erwartende Enttäuschung  über eine SPD-geführte Bundesregierung leicht auf die eigenen Mühlen lenken kann. Aber wie Willy Brandt 1992 richtigerweise sagte:

 „Zuerst kommt das Land, dann kommt die Partei.“

Das war seine Mahnung an die SPD, nicht der Versuchung zu erliegen, aus parteipolitischen Motiven Enttäuschungen über den Vollzug der deutschen Einheit zu befeuern. Auch jetzt sollte die Verantwortung für das Land wichtiger sein als parteipolitische Egoismen. Deshalb hat die Union jetzt den doppelten Auftrag mit Grünen und FDP darüber zu sprechen, wie Deutschland am besten regiert wird,  und die eigene Partei so zu modernisieren, dass sie Volkspartei bleibt.

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