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EIN SONDEROPFER KULTUR SCHEINT

04. April 2025
die Bonner Stadtveraltung bei der notwendigen Konsolidierung des städtischen Haushalts anzustreben. Eine jetzt von der grün geführten Verwaltung vorgelegte "Zukunftsagenda Bonner Bühnen" hat erhebliche Schwächen und wirft viele Fragen auf.
EIN SONDEROPFER KULTUR SCHEINT

 

 

Den folgenden Text können Sie (mit der Verwaltungsvorlage "Zukunftsagenda Bonner Bühnen") hier ausdrucken.

 

 

 

Stephan Eisel

Zukunftsagenda ohne Fundament
Bonner Stadtverwaltung scheint Sonderopfer Kultur anzustreben

Am 18. März 2025 hat die von den Grünen geführte Bonner Stadtverwaltung eine „Zukunftsagenda Bonner Bühnen“ vorgelegt, die im Mai vom Rat verabschiedet werden soll. Das Papier enthält zwar einige nützliche Ansätze, lässt aber viele grundlegende Fragen offen.

Vor allem wird die zentrale Frage der baulichen Zukunft der Theaterliegenschaften, namentlich des Operngebäudes einfach ausgespart. Das Fundament für eine Zukunftsagenda fehlt also.  Zwar beschreibt die Verwaltung eine „sich seit Jahren entwickelnden Problemlage um die bauliche Substanz der Gebäude des Theaters Bonn“, aber es werden keinerlei Konsequenzen aus dieser Beobachtung gezogen.

Bereits Ende 2021 hatte der Rat mit großer Mehrheit ein Gutachten beschlossen, um zu prüfen, ob das marode Operngebäude überhaupt „sanierungsfähig“ ist. Man wollte damit die Lehren aus der Kostenexplosion bei der Beethovenhalle ziehen, bei der ein solches Gutachten vor der Sanierungsentscheidung nicht vorlag. Für die Oper ist das beschlossene Gutachten aber nach drei Jahren immer noch nicht in Auftrag gegeben. Stattdessen werden – wie in der Verwaltungsvorlage ausdrücklich heißt - „Einschätzungen“ u. a. von den Firmen gesammelt, die schon am Desaster bei der Beethovenhalle beteiligt waren. Selbst diese „Einschätzungen“ sollen erst Anfang 2026 vorliegen, werden aber keine solide Entscheidungsgrundlage bieten. Ein solides Baugutachten zur „Sanierungsfähigkeit“ des Operngebäudes ist für eine „Zukunftsagenda Bonner Bühnen“ unverzichtbar, denn Sanierung im Bestand oder Neubau machen dafür einen entscheidenden Unterschied.

So bleiben die Chancen unberücksichtigt, die ein Neubau des entsprechenden Gebäudes für eine Zukunftsagenda bieten würde. Es ist kein Zufall, dass sich mit Düsseldorf, Frankfurt und Hamburg wichtige Städte diesen Weg statt einer Bestandssanierung entschieden haben. Ein Neubau schnitt auch der von der Stadt Bonn 2018 in Auftrag gegebenen actori-Untersuchung doppelt so gut ab wie eine Sanierung der alten Oper. Mit einem Neubau könnte Bonn nicht nur die Baukosten kalkulierbarer halten. In Florenz entstand 2014 ein integriertes Opern- und Konzerthaus für 140 Mio € – mit großem Saal (1.800 Plätze), kleinen Saal (1000 Plätze) und einer Freiluftbühne mit 2. 000 Plätzen. Für die Sanierung des alten Operngebäudes sind um ein vielfaches höhere Kosten zu erwarten Ein Neubau hätte auch niedrigere Betriebskosten und könnte moderne Standards der Umweltverträglichkeit erfüllen. Vor allem könnte Bonn mit einem Neubau einen kulturpolitischen Zukunftswurf realisieren. Es geht nämlich nicht nur um ein Operngebäude. Als modernes Bürgerzentrum für Kultur könnte ein „Haus der Musik“ nicht nur der Oper, sondern auch Konzerten aller Sparten und Kulturevents auch der freien Szene sowie z. B. der Musikschule und der Jugendarbeit eine Heimat bieten. Ein solches Konzept wäre eine tatsächliche „Zukunftsagenda“ für die Bonner Bühnen.

In einem weiteren Punkt bleibt die Verwaltungsvorlage völlig diffus. So soll der vorgeschlagene Strukturprozess „Möglichkeiten aufzeigen, wie die freie Szene bei der Umsetzung innovativer Impulse nachhaltig unterstützt werden kann (z.B. durch Räume, Servicedienstleistungen, Neuansiedlungen, gemeinsame nachhaltige Nutzung von Ausstattung, künstlerische Kooperationen).“ Allerdings wird an keiner Stelle definiert, wer zu dieser „freien Szene“ gehört und wer nicht. Mit dem Theater Marabu und dem Jungen Theater Bonn werden im Abschnitt „Projektsteuerung“ zwei Einrichtungen konkret genannt, andere private Bühnen wie z. B. das Euro Theater Central, das Kleine Theater in Bad Godesberg, die Springmaus oder das Pantheon finden aber keine Erwähnung. Von der für den Anspruch einer Beethovenstadt so wichtigen freien Musikszene vom Bonner Jazzfest bis zur Klassischen Philharmonie, vom Bachchor bis zum Beethoven Piano Club und vielen anderen Akteuren ist in der Verwaltungsvorlage garnicht die Rede. Das erweckt einen willkürlichen Eindruck. Eine klare Definition der zu fördernden „freien Szene“ ist zwingend.


Es ist auffällig und neu ist, dass die Verwaltung vorschlägt, die Beethovenhalle „mit dem Ziel der Reduzierung von Schnittstellen insbesondere innerhalb der Verwaltung und einer sinnlogischen Hoheit über die Spielstätten“ den Theaterliegenschaften zuschlagen will. Sie soll also aus der Verantwortung Bonn Conference Center Management GmbH (BonnCC) herausgelöst werden. Offenbar sollen damit die Konsequenzen aus der bisher nicht vorhandenen Nutzungsnachfrage für Halle gezogen werden. Die Umsetzung dieses Vorschlages würde allerdings bedeuten, dass die absehbaren Defizite der Beethovenhalle künftig nicht mehr durch die Bilanz von BonnCC den städtischen Haushalt insgesamt, sondern nur noch den Kulturhaushalt belasten würde. Dieses Betriebskostendefizit lag schon vor der Sanierung bei ca. 2 Mio € jährlich und wird nach Inbetriebnahme sicherlich um ein Vielfaches steigen. Es ist zwingend, dass bei Umsetzung des Verwaltungsvorschlages eine zusätzliche Belastung des Kulturhaushaltes durch das absehbare Betriebskostendefizit der Beethovenhalle ausgeschlossen wird.

Zu begrüßen ist, dass die Verwaltung – entgegen früherer Absichten – die Eigenständigkeit des Beethoven Orchester sichern will und es ist der Vorlage ausdrücklich heißt:  „Das Beethoven Orchester Bonn (BOB) wird als eigenständig agierendes Konzertorchester mit Spielverpflichtung in der Oper erhalten und gesichert (insbesondere durch Budgethoheit, Hoheit über die Orchesterdienste unter Berücksichtigung einer "Regelung über die Leistungsbeziehung von BOB und TB im Musiktheater" und Markenhoheit).“ Das muss in der Folge allerdings auch heißen, dass die Verwaltung dem Orchester nicht im Einzelnen vorschreibt, wie bestimmte Sparziele zu erreichen sind, sondern dies der Verantwortung des Generalmusikdirektors überlässt. Insbesondere lehnen wir es ab, wenn durch die Streichung von Musikerstellen seitens der Verwaltung in die künstlerische Hoheit des Generalmusikdirektors eingegriffen wird. Die Qualität des Beethoven Orchesters darf nicht aufs Spiel gesetzt werden. Der Umgang mit dem Alleinstellungsmerkmal Beethoven-Stadt ist auch wichtig für die wirtschaftliche Zukunft Bonns. Der technokratische Rechenschieber der Verwaltung ohne Bezug zu den inhaltlichen Herausforderungen würde hier in die in die Sackgasse führen.

Grundsätzlich ist es richtig, dass in Rat und Verwaltung ein Diskussionsprozess beginnt, wie die „Bonner Bühnen“ zukunftsfähig gemacht werden können. Eine Untersuchung möglicher Synergieeffekten und Effizienzpotentiale ist hier sinnvoll.

Allerdings ist für die Verwaltungsvorgabe einer „Kostenreduktion von 5 Mio € p.a. für die Bereiche Theater und Orchester“ ab 2028 weder eine sachliche Begründung genannt noch ist sie mit den betroffenen Einrichtungen abgestimmt. Bezogen auf die aktuellen Haushaltsansätze wäre das eine Kürzung von mehr als zehn Prozent. Oper und Beethoven Orchester weisen ausdrücklich darauf hin, dass sie „zum jetzigen Zeitpunkt nicht wissen, wie die Konsolidierungserwartungen erfüllt werden können.“ Für andere Bereiche der städtischen Ausgaben schlägt die Stadtverwaltung Kürzungen in ähnlichen Dimensionen nicht vor. Natürlich muss auch der Kulturbereich zur notwendigen Haushaltskonsolidierung beitragen, aber ein „Sonderopfer Kultur“ zu abzulehnen und nicht gerechtfertigt.

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