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BEI DEN PIRATEN VERSTECKT SICH HINTER

den ständigen Transparenzbekenntnissen ein problematisches Politikverständnis. Das zeigt sich nicht zuletzt im personellen Bereich von der Vertuschung von Interessenskonflikten bis zur NPD-Vergangenheit von Führungspersonen. Noch verdrängt die Faszination über Art der Politikdarstellung das öffentliche Interesse für das Politikverständnis der neuen Partei.
BEI DEN PIRATEN VERSTECKT SICH HINTER

 

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Der Piraten neue Kleider
Wenn das WAS hinter dem WIE verschwindet

 Die Berliner Piraten fordern in ihrem 2011 verabschiedeten Grundsatzprogramm einen „grundsätz­lichen Wechsel zum Prinzip der größtmöglichen Öffentlichkeit von Politik und Verwaltung“. Sie unterstellen der politischen Ordnung des Grundgesetzes ebenso wie der politischen Praxis in der Bundesrepublik einen „bisher praktizierten Geheimhaltungsgrundsatz“. Dieser untergrabe demokratische Kontrolle, „erschwert notwendige Kritik und leistet Filz und Korruption Vor­schub.“

Ohne Zweifel sind Transparenz und Öffentlichkeit Kernelemente einer freiheitlichen Demokratie. Indem die Piraten dem politischen System der Bundesrepublik Deutschland diese Eigenschaften aber weitgehend absprechen, stilisieren sie sich selbst zum Retter der Transparenz. Sie zelebrieren mit einer unübersichtlichen Fülle von Internetangeboten ihren Transparenzenthusiasmus und reden ununterbrochen darüber, dass sie nichts zu verbergen hätten. 

Damit setzen sie auf das Prinzip aus dem Märchen von des Kaisers neuen Kleidern: Der Schein ist wichtiger als das Sein. Die Politikdarstellung der Piraten fasziniert viele so sehr, dass sie es für überflüssig halten, ihre Politikinhalte genauer zu betrachten. Das WIE drängt das WAS in den Hintergrund. Ständige Transparenzbekenntnisse können sich aber als Ablenkung von tatsächlichem Versagen entpuppen – etwa nach dem Motto: Ihr könnt doch alle sehen, was wir machen, also kann es doch so falsch nicht sein …

Vielleicht liegt in dieser Grundhaltung die Erklärung dafür, dass die Piratenpartei gerade in perso­nellen Fragen solide Maßstäbe zu häufig vermissen lässt. Bei anderen Parteien hätte die Öffentlich­keit auf die damit verbundene Nähe zu Klüngel und Filz schon längst mit breiter Kritik reagiert. 

Beispiel 1: Vertuschung von Interessenskonflikten

Erst nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus stellte sich heraus, dass allein vier der 15 Mit­glieder der Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus bei der gleichen Softwarefirma (Hoccer GmbH) beschäftigt sind: Mehrheitsgesellschafter der Firma ist Pavel Mayer, zugleich Vorstandsmit­glied mit den Aufgaben des Generalsekretärs der Berliner Piratenpartei. Seine Angestellten Martin Delius, Simon Weiß und Christoph Lauer sind jetzt wie er selbst Abgeordnete. Schon dieses Interes­senskonglomerat hätte bei anderen Parteien längst massive Kritik ausgelöst. 

Im Gegensatz zu ihrer öffentlichen Transparenzforderung haben die vier betroffenen Piraten ihre Firmengemeinsamkeit vor der Wahl aber nicht offengelegt, sondern verschleiert. Mayer bezeichnete sich auf seiner Piratenseite im Internet als „leitenden Angestellten“ ohne den Namen der Firma, die ihm mehrheitlich gehört, zu erwähnen. Bei Weiß fehlte z. B. auf abgeordnetenwatch.de jede Berufs­angabe. An bewusste Irreführung grenzen vor allem die Angaben, die der Firmenchef und seine drei Mitarbeiter bei der Landeswahlleitung als „zuletzt ausgeübten Beruf“ gemacht haben. Dort ist zu le­sen: „Student“ (Martin Delius), „Doktorand“ (Simon Weiß), „Student“ (Christoph Lauer), „Leiten­der Angestellter“ (Pavel Mayer). Auch bei der Kandidatenaufstellung wurde nicht offengelegt, dass die vier Bewerber den gleichen Arbeitgeber hatten. Bei Facebook findet sich dazu am 18. Oktober 2011 der Kommentar von „Pirat von LynX“ : „Wunderlich aus der Presse zu erfahren, dass 4 unse­rer Abgeordneten in der gleichen Firma arbeiten. Ich war doch bei dem Parteitag dabei. … ich hätte gern davon gewusst als wir unsere Kandidaten aufgestellt haben.

Beispiel 2: Beschäftigung von Lebenspartnern auf Steuerkosten 

Die Berliner Piraten-Abgeordnete Susanne Graf, hat im November 2011 ihren Freund als Teilzeit-Mitarbeiter eingestellt - bezahlt aus Steuergeldern. Begründet hat die Abgeordnete diese Entschei­dung mit der klassischen Rechtfertigung für Nepotismus: "Ich brauchte schnell eine Person, der ich so gut wie bedingungslos vertraue." 

Formaljuristisch ist die Einstellung des Freundes nicht angreifbar, aber sie ignoriert die Intention der Abgeordnetengesetze. Für den Bundestag ist beispielsweise geregelt: „Der Ersatz von Aufwen­dungen für Arbeitsverträge mit Mitarbeitern, die mit dem Mitglied des Bundestagesverwandt, ver­heiratet oder verschwägert sind oder waren, ist grundsätzlich unzulässig. Entsprechendes gilt für den Ersatz von Aufwendungen für Arbeitsverträge mit Lebenspartnern oder früheren Lebenspart­nern eines Mitglieds des Bundestages.“ Frau Graf hat die Einstellung ihres Freundes zunächst vehement ver­teidigt und erst nach massiven Protesten rückgängig gemacht. Sie schrieb dazu am 16.11.2011 auf ihrem Blog mit inzwischen gewachsener Einsicht: „Intentionen hinter Gesetzes­texten sollten vorab gesucht, verstanden und umgesetzt werden.“ 

Beispiel 3: Führungsämter für Ex-NPD-Mitglieder

 Mitte Oktober 2011 wurde bekannt, dass einige Führungsämter bei den Piraten von früheren NPD-Mitgliedern ausgeübt wurden. Der Bundesvorsitzende der Piratenpartei, Sebastian Nerz, sprach verharmlosend von „Jugendsünden“. 

Tatsächlich ging es um den Spitzenkandidaten (!) der Piratenpartei zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern im September 2011 Matthias Bahner. Im Landkreis Vorpommern-Greifswald errang er für die Piraten ein Kreistagsmandat. In einer persönlichen Erklärung teilte Bahner nach entsprechenden Presseberichten mit, er sei 2003 als 18-jähriger der NPD beigetreten: „Meine Aktivitäten dort beschränkten sich aus­schließlich auf Freizeitaktivitäten mit meinen damaligen Schulfreunden.“ Schon nach wenigen Monaten habe er die rechtsextremistische Partei wieder verlassen. Die NPD bestritt diese Angaben jedoch und teilte mit, Bahner sei bis 2006 Mitglied gewesen und habe an zahlreichen politischen Aktionen teilgenommen. Er sei dann ausgeschlossen worden, weil er seine Beiträge nicht gezahlt habe. Erst nach einigen Wochen stellten die zuständigen Gremien der Piratenpartei einen Ausschlußantrag ge­gen Bahner. 

Der Kreisvorsitzende der Piratenpartei in Freising Valentin Seipt war von 2007 bis 2009 Mitglied der rechtsextremen NPD und sogar deren stellvertretender Kreisvorsitzender in Freising. Wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt (§ 86a). Er trat zwischen zwar als Kreisvorsitzender der Piraten zurück, aber von einem Antrag, ihn aus Piratenpartei auszuschließen ist nichts bekannt.

Alle drei Vorgänge wurden nicht innerhalb der Piratenpartei aufgedeckt, sondern von Medien.Erst diese Veröffentlichungen führten zur innerparteilichen Debatte. Problembewusstsein war ursprünglich weder bei den Betroffenen oder in den Führungsgremien noch bei den meisten Aktivisten vorhanden.

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