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EINE UMFRAGE UNTER BONNER BÜRGERN

stellt die Tagesordnung der Kommunalpolitik auf den Prüftstand: Kultur wird den Bürgern immer wichtiger und zugleich sehen sie die Bonner Kulturpolitik zunehmend kritisch. Das Interesse am WCCB-Skandal lässt nach und das Festspielhaus erfährt bemerkenswerte Unterstützung.
EINE UMFRAGE UNTER BONNER BÜRGERN

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Die vollständige Bonn-Umfrage 2012 können Sie hier ausdrucken.

Die vollständige Bonn-Umfrage 2011 können Sie hier ausdrucken.

 

Umfrage stellt kommunale Tagesordnung auf den Prüfstand:

Wo die Bonner der Schuh drückt

Am 14. Juni 2012 haben die Bonner Umfrageinstitute Infas und nhi2 die Ergebnisse einer telefonischen Befragung von 800 Bonner Bürgern vorgestellt. Schon 2011 war eine ähnliche Umfrage durchgeführt worden. Die Ergebnisse sind in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert und lassen - ge rade auch im Vergleich zu 2011 - manche kommunalpolitische Frage in neuem Licht erscheinen.

1) Wider das Kirchtumdenken:
    Bonner fühlen sich in der Region wohl und kommen von überall her

Die Frage, ob man sich an seinem Wohnort wohl fühlt, beantworten 68 Prozent der Bon ner mit „sehr wohl“. Das ist unverändert Rang 10 in der bundesweiten Hitliste (die von Münster mit 80 Prozent angeführt wird) und entspricht dem Bundesdurchschnitt. Es gibt also durch Entwicklungspotential nach oben. Dabei zeigen besonders zwei Daten wie wichtig es ist, auch in der Kommunalpolitik den Blick über den Tellerrand zu wagen:

Für die Hälfte der Befragten mit positivem Urteil ist dafür die Bonner Umgebung ausschlaggebend. Das sei all denen in Erinnerung gerufen, die der Versuchung kommunalpolitischen Kirchtumdenkens unterliegen. Die Bürger empfinden Bonn und die Region als eine Einheit. Kommunale Grenzen dominieren das Verwaltungs handeln viel stärker als den Bürgeralltag.

Nur 13 Prozent der Befragten gaben an, dass sie in Bonn geboren und aufgewachsen sind. Die (mehr oder weniger lange in Bonn lebenden) „Neubürger“ bilden längst die weit überwiegende Mehrheit in der Stadt. Unter den kommunalen Entscheidungsträgern sind sie jedoch unterrepräsentiert. Wer das übersieht, landet schnell in der politischen Isolation. Es gibt in Bonn zu wenige Bereiche, in denen „Ur-Bonner“ und „Neu-Bonner“ vorbehaltlos zusammenwirken. In der Kommunalpolitik hat die Partei die beste Zukunftsperspektive, die dieses Potential am schnells ten erkennt und nutzt.

2) Tagesordnung von Rat und Verwaltung auf dem Prüfstand:
    Bürger sehen Sicherheit als Priorität und Kultur im Abstieg

Vergleicht man die Erwartungshaltung der Bürger mit der Beurteilung der Realität, sollte sich dar aus die politische Tagesordnung für Rat und Verwaltung ergeben.

Bei der Beurteilung der Lebenssituation in der Stadt bleibt die Realität hinter der Erwartungshaltung unverändert am deutlichsten beim Thema „Sicherheit in der Stadt“ zurück (-52 Prozent; 2011: -50 Prozent). Es folgen die Versorgung mit Kindergärten bzw. Kinderbetreuungsplätzen (-39 Prozent) und Angebot für Familien und Kinder ( -32 Prozent). Während sich hier aber in den Augen der Befragten gegenüber 2011 eine spürbare Verbesserung ergeben hat, wird zugleich eine zu nehmende Enttäuschung mit der Kulturpolitik der Stadt sichtbar. Dabei hat Kultur bei der Beurteilung der Wichtigkeit für das eigene Wohlbefinden um 9 Prozent zugenommen (2012: 63 Prozent; 2011: 54 Prozent).

Auffällig ist, dass sich die Rangfolge der Wahrnahme städtischer Defizite in den letzten beiden Jahren praktisch nicht verändert hat.

Zufriedenheit mit dem Bonner Angebot im Vergleich zur Wichtigkeit des Themas
(in Prozent)

Thema

 

2012

 

2011 

Veränderung 2012/11

 

Sicherheit in der Stadt / Schutz vor Kriminalität

 

-52

 

-50

 

-2

 

Ver sorgung mit Kinderbetreuungsplätze

 

-39

 

-41

 

-2

 

Versorgung mit Kindergärten

 

-29

 

-36

 

-7

 

Angebot von Sportanlagen / Schwimmbädern

 

-25

 

-23

 

-2

 

Versorgung mit weiterführenden Schulen-

 

-24

 

-30

 

6

 

Angebot für Familien und Kinder

 

-22

 

-32

 

10

 

Ausbau Fahradwege

 

-22

 

-30

 

8

 

Versorgung mit ÖPNV

 

-20

 

-18

 

-2

 

Aus bau Straßen

 

-19

 

-21

 

-2

 

Verfügbarkeit von Parkplätzen in Innenstadt

 

-14

 

-15

 

-1

 

Verwaltung und Bürgerservice

 

-13

 

-16

 

-3

 

Angebot kultureller Einrichtungen

 

-12

 

0

 

-12

 

Verfügbarkeit von Parkplätzen im Wohnge biet

 

0

 

-1

 

1

 

Theater-, Opern, Ballettangebot

 

10

 

13

 

-3

 

3) Aktuelle Bürgerfragen:    Kulturfragen sind wichtiger als WCCB

Fast halbiert hat sich im letzten Jahr die Bedeutung des Themas WCCB. 29 Prozent (2011: 50 Prozent) halten es noch für das wichtigste aktuelle Bonner Thema. Dagegen benennen 37 Prozent (2011: 31 Prozent) kulturelle Themen (14 Prozent Oper/Theater/Konzert - 12 Prozent Festspielhaus - 11 Prozent R(h)einkultur) als wichtigstes aktuelles Thema.

Eher Randthemen sind für die Befragten dagegen die in kommunalpolitischen Zirkeln dominierenden Themen wie Bahnhofsvorplatz (10 Prozent), Zukunft der Freibäder (9 Pr zent) oder Sportförderung (5 Prozent). Man sollte in der Kommunalpolitik darüber nachdenken, ob die Prioritäten richtig gesetzt sind.

Deutlich zurückgegangen ist gegenüber 2011 das Interesse an der Finanzlage der Stadt. Nur noch 6 Prozent (2011: 13 Prozent) hal ten dieses Thema für aktuell. Dass die Finnzen die politische Ta gesordnung der Kommunalpolitik bestimmt, ist von der Sache her unausweichlich. Aber die Umfrage macht deutlich, dass zum Engagement für Haushalts konsolidierung der Nachweis politischer Gestaltungskraft kommen muss. Das hat auch der NRW-Landtagswahlkampf ge zeigt.

Kommunalpolitik und Medien sollten auch zur Kenntnis nehmen, dass das The ma WCCB inzwi schen deutliche Ermüdungserscheinungen auslöst. Während das Thema „Schwimmbäder“ deutlich an Relevanz verloren hat, ist die Bedeutung der Kultur eindeuti g in den Mittelpunkt gerückt.

4) Trotz städtische Informationsverweigerung:
    Beethoven-Festspielhaus mit breiter Unterstützung

Außerordentlich bemerkenswert sind die Ergebnisse der Umfrage zum Thema „Beethoven-Fest spielhaus“. Obwohl die Stadtverwaltung bisher ihre Pflicht zur Information der Bürger sträflich vernachlässigt hat und Informationen der Öffentlichkeit zum Thema praktisch ausschließlich auf ehrenamtliches Engagement zurückgehen, kennen 79 Prozent der Befragten das Projekt. 45 Prozent befürworten den Bau des Festspielhauses.

Motivation der Befürworter des Festspielhauses sind vor allem die Förderung der Kultur in Bonn (39 Prozent) und die Erhöhung des Ansehens von Bonn (36 Prozent). Die Gegner des Projekts nennen  ganz überwiegend zu hohe Kosten (44 Prozent) und wollen das Geld für das Festspiel haus für andere Zwecke verwendet sehen (40 Prozent).

Hier spielt die Unkenntnis darüber eine große Rolle, dass das Festspielhaus ganz überwiegend von privaten Investoren sowie von Bund und Land finanziert wird und eben kein kommunales Projekt ist. Wird das Festspielhaus nicht gebaut, ist dieses Geld verloren und steht nicht für andere Dinge zur Verfügung. Über diese unbestrittenen Fakten sollte die Verwaltung endlich die Bürger in einer breiten Informationsoffensive aufklären. Die Umfrage zeigt deutlich, dass dann die Zustimmung zu dem Projekt weiter steigen wird.

Übrigens sagen selbst von den Gegnern des Festspielhauses nur 7 Prozent, dass die Beethovenhalle saniert werden soll.

5) Vernichtendes Bürgerurteil:
     Breite Ablehnung für Online-Abstimmung „Bonn packt´s an“

Vernichtend fällt das Befragungsegebnis über die Online-Abstimmung „Bonn packts an“ aus. Immerhin 37 Prozent der Befragten geben an, die Plattform zu kennen. Aber weniger als die Hälfte haben überhaupt in Erwägung gezogen teilzunehmen. Das waren 2011 die gleichen Werte. Die Beteiligung lag dann bei lediglich 0,9 Prozent.

Gründe für die Nicht-Nutzung waren vor allem Mangel an Zeit  und Interesse (jeweils 22 Prozent). Die Umfrage hat erneut bestätigt, dass es abwegig ist zu behaupten, die Beteiligung an der Online-Befragung sei so vernichtend gering gewesen, weil sie zu wenig bekannt gewesen sei. Die Bürger haben diese Internetbefragung bewusst abgelehnt.

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