Volltextsuche:

DER BONNER STADTHAUSHALT

hat ein Volumen von einer Milliarde Euro. Dennoch wird für die notwendige Konsolidierung um Kleinstbeträge gestritten. Der Oberbürgermeister hat jetzt zudem eine als "Bürgerabgabe" getarnte Steuererhöhung vorgeschlagen. Aber es gibt dazu ein klare Alternative: Schwerpunkte bei den Investitionen und Kürzungsgerechtigkeit nach der Rasenmähermethode bei den konsumtiven Ausgaben.
DER BONNER STADTHAUSHALT

Den folgenden Beitrag können Sie hier ausdrucken

 

Stephan Eisel

Kürzungsgerechtigkeit statt „Bürgerabgabe“
„Rasenmäher“ erleichtert Haushaltskonsolidierung

Der Bonner Oberbürgermeister macht zur Zeit Schlagzeilen, weil er zur Sanierung des städtischen Haushalts eine verharmlosend als „Bürgerabgabe“ bezeichnete Steuererhöhung vorschlägt. Er will die Grundsteuer B (für bebaute oder bebaubare Grundstücke und Gebäude) erhöhen, die sowohl Hauseigentümer als auch Mieter und größere wie kleinere Unternehmen bezahlen müssen.

Die Notwendigkeit der Haushaltssanierung in Bonn ist unbestritten. Die Verschuldung der Stadt be­trägt 1,6 Milliarden Euro. Mit dieser Pro-Kopf-Verschuldung von 5.200 Euro gehört Bonn zu den deutschen Städten mit dem höchsten Schuldenstand. Für Zins und Tilgung muss die Stadt jährlich 85 Mio Euro aufbringen. Schon wegen einer jetzt angenommenen Mindereinnahme bei Gewerbe- und Einkommensteuer um nur ca. 6 Mio Euro sah sich der Kämmerer zu einer Haushaltssperre ge­zwungen, weil Bonn sonst wegen einer zu hohen Defizitüberschreitung in ein „Haushaltssiche­rungskonzept“ gezwungen würde, das die städtische Haushalthoheit de facto auf die Bezirksregie­rung überträgt.

Eines der Probleme in der Bewertung solcher Maßnahmen ist die fehlende Transparenz über die städtischen Ausgaben. Dafür gibt es auch politische Gründe, denn manche in der Kommunal­politik wollen bestimmte Bereiche wie z. B. im Bau- oder Sozialhaushalt von vorneherein aus der notwen­digen Spardebatte heraushal­ten. Auch die Stadt­verwaltung mit dem Oberbürgermeister an der Spit­ze ist nicht frei von Eigeninteressen. So ist der massivste Ausgabenzuwachs von 2012 bis 2014 beim städtischen Personalmanagement 3,8 auf 8,2 Mio Euro (!) zu verzeichnen – eine Positi­on, die die Verwaltung nicht unbedingt von sich aus ins Blickfeld rücken wird.

Wie immer lohnt ein Blick auf die Fakten: Der städtische Haushalt umfasst die eindrucksvolle Summe von ca. 1 Milliarde Euro (= 1000 Millionen). Zu behaupten, Bonn hätte kein Geld, führt deshalb in die Irre. Die Frage ist allerdings, ob das Geld an der richtigen Stelle ausgege­ben wird:

  • Es war unverantwortlich, den Erhalt der alten Beethovenhalle zu beschließen, ohne die Kos­ten dafür zu kennen. Inzwischen ist klar: Würde das im Bau vollständig privat finanzierte Festspielhaus (wie ursprünglich vom Rat beschlossen) die Beethovenhalle ersetzen, könnte die Stadt nicht nur bauliche Sanierungskosten von über 30 Mio Euro, sondern auch die jähr­lichen Unterhaltskosten von ca. 2 Mio Euro einsparen.

  • Es war fahrlässig und kostet Bonn viele Millionen Euro, dass die notwendige Entscheidung zum Weiterbau des WCCB um Jahre verzögert wurden.

  • Es ist widersinnig, dass trotz einer personell gut ausgestatteten Verwaltung in den letzten drei Jahren viele MioEuro für externe Gutachten ausgegeben wurden, deren Ergebnisse dann auch noch weitgehend ignoriert werden.

  • Es war unnötig, mit erheblichem städtischen Eigenanteil die Tieferlegung der Stadtbahn auf der Friedrich-Ebert-Allee um einige hundert Meter zu verlängern und einen teuren Trajekt­knoten (Kreisverkehr) dort zu bauen, wo es gar kein Verkehrsproblem gab.

  • Es war falsch, über 500.000 Euro für die manipulative Internetbefragung „“Bonn packts an“ auszugeben, an der sich überdies nur sehr wenige Bürger beteiligten.

Leider gibt es viele solcher Beispiele, die aber selten transparent gemacht werden. Stattdessen wird über Kleinstbeträge gestritten wie einige tausend Euro für die kultureller Förderung der freien Trä­ger oder ein Zelt während der Karnevalszeit auf dem Münsterplatz. Damit lässt sich der städtische Haushalt nicht konsolidieren.

Es ist auch widersprüchlich, einen Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen zu beklagen und gleichzeitig durch eine als „Bürgergabe“ bezeichnete Grundsteuererhöhung genau die Betrie­be zu belasten, von denen man höhere Gewerbesteuerzahlungen erhofft.

Zu dieser Politik gibt es die Alternative der Haushaltskonsolidierung auf zwei Säulen:

  • Bei den (einmaligen) investiven Ausgaben müssen Schwerpunkte gesetzt, die für die Zukunft Bonns wichtig sind. Ist das z. B. die „Fahrradhauptstadt“ oder der Ausbau der Beethovenstadt? Dazu müssen aber alle geplanten Maßnahmen (von der Beethovenhalle bis zu Verkehrskreiseln oder anderen Baumaßnahmen) auf den Tisch gelegt werden, um Priori­täten überhaupt seriös diskutieren zu können.

  • Bei den (dauerhaften) konsumtiven Ausgaben, die nicht gesetzlich festgelegt sind, ist die Rasermähermethode am ehesten zielführend. So wäre eine 2-3prozentige Kürzung ein echter Konsolidierungsschritt, überall verkraftbar und nicht existenzgefährend. Freilich darf es dabei keine Tabus geben, denn bei solchen „freiwilligen“ Leistungen geht es auch – und vom finanziellen Volumen her vor allem – um Leistungen wie den Bonn-Ausweis oder die NRW-weit nur in Bonn gezahlte OGS-Zulage. Ausnahmslose Kürzungsgerechtigkeit wird auch eher akzeptiert als willkürlich Sonderopfer einzelner Bereiche, denen es an einer schlag­kräftigen Lobby fehlt.

Ein Blick auf die Haushaltsansätze 2014 zeigt die unterschiedlichen Größenordnungen der verschiedenen konsumtiven Ausgaben. Die folgende Liste beinhaltet der Übersichtlichkeit wegen nur die Ausgaben über 3 Mio Euro – und zeigt damit zugleich, was der Stadt bisher weniger wichtig ist: Dazu gehört die Beethovenpflege (2,0 Mio) ebenso wie die Sportförderung (1,7 Mio) und die Tourismusförderung (1,6 Mio) ebenso wie die kulturelle Förderung freier Träger (0,4 Mio Euro). 

Wer sinnvoll konsolidieren, findet bei einem Haushaltsvolumen von einer Milliarde Euro durchaus Potential, aber muss sich schon die Mühe machen, den städtischen Haushalt genauer zu analy­sieren. Voraussetzung dafür ist freilich die bisher fehlende allgemein verständliche Haushaltstransparenz. 

Außerdem erhöht es die eigene Glaubwürdigkeit, wenn beim „Gürtel enger schnallen“ nicht jeder nur am Gürtel des anderen zieht. Deshalb wäre richtig es auch, wenn sich Oberbür­germeister Nimptsch an seinen offenen Brief als OB-Kandidat vom 28. Februar 2009 erinnert ,als er die Zusammenlegung von Kommunal- und Bundestagswahl forderte, weil „uns ein weiterer Ter­min für die Kommunalwahl, allein in Bonn, 530.000 Euro ….kosten würde.“ Damals bat er seine Konkurrenten „herzlich um die Beantwortung der Frage, an welchen Stellen wir Ihrer Meinung nach in Bonn diese 530.000 Euro nicht ausgeben um davon die Durchführung eines zu­sätzlichen Wahltermins zu finanzieren.“ 

Jetzt könnte OB Nimptsch den von ihm selbst geforderten Sparbeitrag leisten, indem er – wie der Landrat des Rhein-Sieg-Kreises – durch Verkürzung der eigenen Amtszeit ermöglicht, dass die für 2015 vorgesehene OB-Wahl mit der Kommunalwahl am 25. Mai 2014 stattfinden kann. Das wäre auch ein Beitrag zur von ihm immer wieder geforderten Bürgerbeteiligung in ihrer fairsten und effektivsten Form: Wenn nämlich bei Wahlen die eigene Bilanz und das vorgeschlagene Zukunftsprogramm zur Abstimmung gestellt werden.

Haushaltsansätze 2014 über 3 Mio Euro

Ganz oder teilweise durch kommunale Entscheidungen beeinflussbare Ausgaben („freiwillige Leistungen“) sind fett markiert. Die Ansätze beinhalten jeweils die Personalkosten, die Kosten verwaltungsinternen Dienstleistungen und haben die Einnahmen verrechnet.

 

 

Produktgruppe

Haushaltsansatz 2014 (zum Vergleich 2012)

Grundsicherung nach SGB II (Arbeitslosengeld II)

57,5 (56,9)

Förderung von jungen Menschen und Familien

49,0 (50,6)

Grundsicherung nach SGB XII (Sozialhilfe)

48,6 (61,3)

Gemeindestraßen

43,5 (41,4)

Tageseinrichtungen für Kinder

37,3 (35,8)

Gebäudemanagement (SGB)

31,0 (54,2)

Theater/Oper

29,9 (31,1)

Brandschutz

21,1 (20,8)

Grundschulen

18,6 (19,5)

Öffentliches Grün

13,3 (12,1)

Gymnasien

9,5 (8,9)

Konferenzzentrum / Beethovenhalle

9,4 (14,7)

Schülerbeförderung

8,7 (6,8)

Personalmanagement

8,2 (3,8)

Einwohnerangelegenheiten

8,0 (6,3)

Beethovenorchester

7,6 (7,7)

Politische Gremien

7,7 (7,2)

Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen

7,0 (2,4)

Kunstmuseum

6,5 (6,0)

Wohnraumsicherung/Hilfe Wohnungslosigkeit

6,1 (5,5)

Bereitstellung und Betrieb von Bädern

5,7 (5,4)

Berufskollegs

5,7 (5,4)

Bereitstellung und Betrieb von Sportanlagen

5,7 (3,8)

Einrichtungen der Jugendarbeit

5,6 (5,1)

Förderung der Träger freier Wohlfahrtspflege

5,2 (5,6)

Sonstige soziale Hilfen (davon 2,8 Mio Bonn-Ausweis)

5,1 (5,9)

Gesamtschulen

4,9 (4,0)

Verwaltungsführung

4,9 (4,0)

Allgemeine Sicherheit und Ordnung

4,8 (4,6)

Liegenschaftskataster

4,7 (4,7)

Bundesstraßen (städtischer Anteil)

4,5 (4,9)

Realschulen

4,3 (4,7)

Leistungen nach dem Asylgesetz

4,3 (4,6)

Stadtbibliothek

4,1 (4,6)

Musikschule

3,6 (3,6)

Hauptschulen

3,5 (3,7)

Abwehr von Großschadenereignissen

3,3 (3,1)

Hochwasserschutz

3,3 (2,7)

Umweltschutz

3,2 (3,1)

 

 

Zentrale Dienste

3,0 (3,0)

Kreditwirtschaft

3,0 (3,0)

Förderschulen

3,0 (2,8)

 

 

 

RSS