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DASS ROT-ROT IN BERLIN ABGEWÄHLT IST,

ist eine gute Nachricht. Aber insgesamt fällt die Bilanz des Wahljahres 2011 für die CDU sehr ernüchternd aus. Im Blick auf die Bundestagswahl ist Gefahr im Verzug. Der Absturz der FDP ist nachhaltig und die SPD kann sich trotz ständiger Stimmenverluste das Image der Regierungspartei bei freier Wahl des Koalitionspartners geben.
DASS ROT-ROT IN BERLIN ABGEWÄHLT IST,

 

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Wahljahr 2011:

Für die Union ist Gefahr im Verzug 

Die Wahl in Berlin bildete den Abschluss der sieben Landtagswahlen im Jahr 2011. Dass dort Rot-Rot abgewählt wurde, ist eine gute Nachricht. Auch Rotgrün hätte nur eine Ein-Stimmen-Mehrheit im Abgeordnetenhaus. Der Erfolg der Piratenpartei kommt nur bedingt überraschend. Schon bei der Bundestagswahl hatte sie in Berlin mit 58.000 Zweitstim­men 3,4 Prozent erreicht.

Neben Berlin haben 2011 Hamburg, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bremen und Mecklenburg-Vorpom­mern gewählt. Die Bilanz dieses Superwahljahres lässt sich wie folgt zusammenfassen:

1) Die GRÜNEN sind die Gewinner

Bei allen sieben Landtagswahlen haben die Grünen zugelegt. Sie sind aus einer Landesregierung (Hamburg) ausgeschieden, aber zugleich in Stuttgart und Mainz in die Regierung eingezogen. Das ist nicht nur die Fol­ge der Kernkraft-Debatte, sondern auch der Konsequenz, mit der die GRÜNEN unab­hängig von tagespoliti­schen Stimmungsschwankungen über Jahre hinweg ihre Überzeugungen vertreten. Dass die Partei jetzt vor neuen Be­währungsproben für ihre Glaubwürdigkeit steht, zeigt z. B. der glücklicherweise gescheiterte Versuch, die Spielre­geln für den Volksentscheid über Stuttgart 21 so zu verändern, dass das Ergebnis dann auch passt.

2) FDP unter dem Existenzminimum

Der Absturz der FDP ist atemberaubend. Sie hat nur in Baden-Württemberg und Hamburg überhaupt den Wiedereinzug in den Landtag geschafft und scheiterte daran in den fünf anderen Ländern. Dabei lagen ihre Ergebnisse meist unter drei Prozent. In keinem der sieben Bundesländer ist sie noch Regierungspartner. Der neue Vorsitzende Philipp Rösler hat sich als politisches Leichtgewicht erwiesen, seine populistischen Griechenland-Einlassun­gen haben ihm beim Wähler nichts gebracht. In dieser Verfassung und wohl auch mit diesem Führungspersonal ist nicht erkennbar, wie die FDP in zwei Jahren den Wiedereinzug in den Bundestag schaffen will.

3) SPD mit Stimmenverlusten zum Regierungsjubel

Die SPD verharrt auf dem historischen niedrigen Stimmenanteil der Bundestagswahl 2009. Sie hat nur in Ham­burg und Mecklenburg-Vorpommern gegenüber den letzten Landtagswahlen etwas dazu gewonnen, sich in Bremen gehalten und viermal deutlich verloren. Den Weg zurück zur Volkspartei schaffte die SPD bisher nicht. Dies wird da­durch überdeckt, dass sie in allen sieben Bundesländern (!) zur Regierungspartei wurde. Dabei hat die SPD von der CDU über die GRÜNEN bis zur LINKEN alle Koalitionsoptionen und wird sie wegen der damit verbun­denen Machtoptio­nen auch nutzen und sich dabei notfalls auch mit der Rolle als Juniorpartner anfreunden. Die gefühlten Wahlerfolge führen für die SPD in den Umfragen trotz der Stimmenverluste zu einem sich stabilisierenden Zugewinn von sechs-bis sie­ben Prozent gegen­über dem verheerenden Ergebnis von nur 23 Prozent bei der letzten Bundestagswahl. Zwar nicht real, aber gefühlt ist der Trend wieder ein Genosse.

4) Unterschiedliche Wahlbeteiligung mit Folgen

Es gibt keinen einheitlichen Trend bei der Wahlbeteiligung. Zuwächsen in Baden-Württemberg (+12,8), Sach­sen-Anhalt (+6,8), Rheinland-Pfalz (+3,6) und Berlin (+2,2) stehen Rückgän­ge in Bremen (-3), Hamburg (-5,2) und vor allem in Mecklenburg-Vorpommern (-7,4) gegenüber. Die gefallene Wahlbeteiligung hat in Schwerin den Rechtsextre­misten von der NPD trotz sinkender Stimmenzahl den Wiedereinzug in den Landtag erleichtert. Auch die Linke hat dort davon profitiert, bei allen an­deren Wahlen hat sie verloren.

5) Schwieriger Weg für die Union

Die CDU hat nur in Rheinland-Pfalz und Berlin keine Stimmen verloren. Aber auch dort lagen die Zugewinne deutlich unter den Verlusten der FDP. Auch die Umfragen auf Bundesebene schwanken für CDU/CSU trotz des Absturzes der FDP um das schwache Ergebnis von 33,8 Prozent bei der letzten Bundestagswahl. Zudem hat die CDU die Regierungsbeteiligung in Baden-Württemberg und Hamburg eingebüßt. Unklar ist die Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin.

Bis zur Bundestagswahl bieten nur noch bei regulären drei Landtagswahlen die Möglichkeit, die schlechte Bi­lanz des Wahljahres 2011zu korrigieren. Dort warten auf die Union schon wegen der Schwäche der FDP schwierige Aufgaben: In Schleswig-Holstein (Mai 2012) und Niedersachsen (Ende 2012/Anfang 2013) sowie Bayern (ev. eine Woche der Bundestagswahl) geht es um die Verteidigung der Regierungsmehrheit. In allen Fällen ist die SPD in der komfortablen Position des Herausforderers.

Umso wichtiger ist es, dass die CDU sich konsequent zwei wichtigen Herausforderungen stellt
In­haltlich muss dringend der Markenkern der CDU deutlicher werden. Im Berliner Binnenklima mit seinen oft le­bensfernen Hintergrundzirkeln wird er nicht zu finden sein. Die so empfundene variable Haltung der Union zu Themen wie der Nutzung der Kernenergie, der Europapolitik, der Bildungspolitik oder der Famili­enpolitik strahlen eher Orientierungslosigkeit aus als sie den Eindruck einer an Grundüberzeugungen ausge­richteten Ta­gespolitik vermitteln. Dies birgt die Gefahr, dass bisherige Unionswähler in die Stimmenthal­tung emigrieren.

Strategisch muss die Union eine glaubwürdige Antwort auf die Regierungsperspektive bei der nächsten Bun­destagswahl finden. Angesichts des Niedergangs der FDP ist es schwer, die Menschen von der Möglichkeit ei­ner Mehrheit für die jetzige Koalition zu überzeugen. Die Stimmenverluste der FDP kommen auch keineswegs automatisch den Union zugute. Zugleich signalisieren die Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der SPD um die Position als stärkste Fraktion - umso mehr, wenn die SPD mit Peer Steinbrück als Kanzlerkandidat ins Ren­nen zieht. Er würde eher mit der Perspektive einer großen Koalition unter seiner Führung locken als mit einer rotgrünen Mehrheit. Für die CDU ist Gefahr im Verzug und die Zeichen stehen auf Sturm. 

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