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OPER UND KONZERT IN EINEM HAUS WÄRE

in Bonn sinnvoller als 150 Mio Euro in zwei Altbauten zu stecken, die auch nach einer Sanierung heutigen Ansprüchen nicht genügen. Bei der Neuordnung der Bäderlandschaft – ein moderner Neubau statt der Sanierung zweier alter Schwimmbäder (!) - hatte der Rat den Mut für eine solche Zukunftsentscheidung und erhielt dafür sogar die Rückdeckung der Mehrheit bei einem Bürgerentscheid erhalten. Das sollte für die Beteiligten eine Ermutigung sein, auch bei den Kulturgebäuden Mut zur Zukunft zu zeigen.

 

Am 15. Juni 2017 berichtete der General-Anzeiger, dass Stadtdirektor Fuchs eine weitere Kostensteigerung der Sanierung der Beethovenhalle um weitere ca. 2,5 Mio Euro angekündigt hat. Damit liegen die Gesamtkosten bei 66 Mio Euro. Hier die Entwicklung der Kostensteigerung:
07.04.2016 (Drs. 161 1089): 53,4 Mio Euro
22.09.2016 (Drs. 161 2370): 59,9 Mio Euro
19.01.2017 (Drs. 171 0337): 61,5 Mio Euro
26.05.2017 (Drs. 1711685): 64,0 Mio Euro
15.06.2017 (Stadtdirektor Fuchs im Generalanzeiger): 66,5 Mio Euro

Den folgenden Text können Sie hier ausdrucken.

 

Stephan Eisel

Statt über 150 Mio Euro für zwei Altbau-Sanierungen:

Mut zur Zukunft: Ein Haus für Konzert und Oper

Soll Kultur ihre volle Wirkungskraft entfalten, braucht sie nicht nur talentierte Künstler, fähige Mana­ger und vor allem ein interessiertes Publikum, sondern auch geeignete Gebäude. Man hat den Ein­druck, dass die Bonner Kommunalpolitik hier sehenden Auges in eine Sackgasse steuert und an deren Ende gegen die Wand fährt. Statt ein Zukunftskonzept zu entwicklen, werden dreistellige Millionen­beträge in Altbauten gesteckt, die schon mit dem Ende ihrer Sanierung zum neuen Sanie­rungsfall ge­worden sind. Heutigen Ansprüchen genügen beide Gebäude auch dann nicht, wenn sie saniert sind.

Die alte Beethovenhalle als Millionengrab

Besonders eklatant ist der Widersinn der Ratsentscheidungen zur 58 Jahre alten Beethovenhalle. Dort soll näm­lich eine marode Mehrzweckhalle „denkmalgerecht“ saniert werden, das heißt in ihren Ursprungszu­stand zurückversetzt werden. Damit sind im Großen Saal selbst bescheidene Verbesse­rungen der Akustik ausgeschlossen. Es wird investiert, um einen Raum zu erhalten, der auch nicht an­deutungsweise den heu­tigen Ansprüchen an einen Konzertsaal gerecht werden kann.

Hinzu kommt, dass es angesichts der Hallen-Überkapazitäten in Bonn, den Bedarf für eine solche Mehrzweckhalle nicht gibt: Mit Unterstützung der Stadt  arbeitet eine Gruppe privater Investoren an einem Konzept für das Areal des Alten Schlachthofs , wo als Rock- und Popzentrum Säle für 1700 bzw. 600 Zuschauer das Herzstück auf einem Drittel der Fläche bilden sollen. Der Karneval hat mit seinen großen Veranstal­tungen längst seine Heimat im Maritim gefunden. Für Kongresse und Tagun­gen stehen die Konfe­renzräume des WCCB zur Verfügung. In der Kategorie „Mehrzweckhalle“ gibt es zudem das städti­sche Angebot des Brückenforums und der Godesberger Stadthalle.

Es ist deshalb kein Zufall, dass ein Betriebskonzept für die Beethovenhalle immer noch nicht vorliegt. Der große Saal in der Beethovenhalle war in den letzten Jahren nur an einem Drittel der möglichen Tage für Veranstaltungen genutzt worden und ohne die Konzerte betrug die Auslastung mit Veran­staltungen weniger als 15 Prozent. Die Stadt schweigt dazu. Ein städtisches Hallenkonzept fehlt.

Zu dem Ärgernis, dass am Bedarf vorbei eine Mehrzweckhalle saniert statt und ausgerechnet in der Beethovenstadt weiterhin Konzertsaal gfehlt, kommt eine ständige Kostenexplosion. Eine neue Verwaltungsvorlage (1711685) vom Mai 2017 benennt ein neues "Delta im Gesamtbud­get" der Hal­lensanierung in Höhe von "rd. 4,41 Mio EUR (2,51 Mio EUR zzgl. 1,9 Mio EUR)". Die Rede ist von "Spannungen im Team der Projektbeteiligten". Die "fristgemäße Erledigung und die inhaltliche Quali­tät" seien gefährdet seien und man hoffe jetzt auf "eine kurzfristige Wiedereingliederung in einen planbaren Projektablauf". Kurz: Hinter den Kulissen geht es drunter und drüber ...

Beim Ausblick auf die Sanierungskosten verrechnet die Verwaltung mit großem Gottvertrauen erhoffte (!) Erspar­nisse mit tatsächlichen (!) Mehrausgaben und setzt auf ein von den Finanzbehörden noch nicht ge­nehmigtes Modell der Steuerersparnis. Aber auch wenn man dies mit großem Optimismus für realis­tische Annahmen hält, zeigen die Verwaltungsvorlagen bleibt eine Kostensteigerung von ca. ei­ner Million Euro pro Monat:

Kostenentwicklung der Sanierung Beethovenhalle nach Verwaltungsangaben:

07.04.2016 (Drs. 161 1089): 53,4 Mio Euro
22.09.2016 (Drs. 161 2370): 59,9 Mio Euro
19.01.2017 (Drs. 171 0337): 61,5 Mio Euro
26.05.2017 (Drs. 1711685): 64,0 Mio Euro

Bei diesen Nettozahlen (also ohne Mehrwertsteuer) wird zudem ausdrücklich ein Kostensteigerungs­risiko von 20 Prozent ausgewiesen ...

Das alte Opernhaus als schwarzes Loch

Sanierungsbedürftig ist auch das 52 Jahre alte Opernhaus. Seit Jahren verweigert die Stadtverwaltung die Auskunft zu den hier anfallenden Kosten. Jetzt hat der General-Anzeiger Bonn „aus zuverläs­siger Quelle“ erfahren, dass ein Fachbüro eine zwei Jahre alte Kostenschätzung des Theaters weitge­hend bestätigt. Demnach werden die Arbei­ten mehr als 75 Millionen Euro verschlingen – und zwar nur für die dringendsten Arbei­ten wie den Brandschutz. Jeder kann sich ausrechnen, wie die schon jetzt zwei Jahre alten Schätz(!)zahlen explodieren wer­den, wenn es in die konkrete Maßnahmenplanung und – umsetzung geht. Ein Gutachter wurde bislang aus Angst vor konkreteren Zahlen nicht beauftragt.

Was tun ?

Noch ist eine Kurskorrektur möglich. Es ist noch möglich, die Maßnahmen bei der Beethovenhalle so abzuspecken, dass dort entspre­chend dem ursprünglichen (vom Rat leider abgelehnten) Vorschlag von OB Sridharan bis 2020 nur die Betriebssicherheit erhalten wird. Das wäre mit wenigen Millionen finan­zierbar. Nach 2020 könnte man dann mit dem Abriss der Beethovenhalle an gleicher Stelle wie z. B. in Baden-Baden oder Bregenz einen – inzwischen vorbereiteten – gemeinsamen Neubau für Konzerte und Oper errichten. Nach dessen Fertigstel­lung und dem folgenden Abriss der Oper wäre für die Stadt die Ver­marktung des lukrativen Opern­geländes an der Kennedybrücke möglich.

Das nord­rhein-westfälische Denkmalschutzgesetz lässt dies ausdrücklich zu: Nach Artikel 9 muss (!) die Erlaubnis zum der Abriss eines denkmalgeschützt­en Gebäudes erteilt werden, wenn „ein überwie­gendes öffentliches Interesse die Maßnahme ver­langt“. Dies festzustellen wäre Aufgabe des Rates. Dass Oper und Orchester gemeinsam mit einem Gebäude auskommen können, zeigen sie in der jetzt beginnenden Saison 2017/2018: Das Beethoven Orchester Bonn verlässt nämlich seine vorgesehene Ausweichspiel­stätte WCCB und spielt seine Konzerte in der Oper.

Die Vorteile dieses Konzeptes liegen auf der Hand:

  • Die sicherlich bei weit über 150 Millionen Euro liegen­de und unkalulierbare finanzielle Doppellast der Sanierung von Beethovenhalle und Oper wäre vermieden und stattdessen mit einem Teil dieses Betrages ein modernes Gebäude zu erstellen.
  • Eine integrierte Lösung würde die Betriebskosten re­duzieren (ein Gebäude statt zwei).
  • Die Vermarktung des Operngrundstücks würde Geld in die Stadtkasse bringen.
  • Bonn käme endlich zu einem Konzertsaal, der der Beethovenstadt angemessen wäre.

Bei der Neuordnung der Bäderlandschaft – ein moderner Neubau statt der Sanierung zweier alter Schwimmbäder (!) - hatte der Rat den Mut für eine solche Zukunftsentscheidung und erhielt dafür sogar die Rückdeckung der Mehrheit bei einem Bürgerentscheid erhalten. Das sollte für die Beteiligten eine Ermutigung sein, auch bei den Kulturgebäuden ihre Verzagtheit zu überwinden.

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