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GERADE IN DIESEN UNRUHIGEN ZEITEN

kommt es in der Politik auf Bekenntnismut und Differenzierungskraft als zweiten Seiten der gleichen Medaille an. Grundsätze wie Menschlichkeit als entscheidender politischer Maßstab und die Ablehnung nationalistischer Sonderwege müssen energisch verteidigt werden.

 

Den folgenden Text können Sie hier ausdrucken. 

 

Stephan Eisel

Zur Sommerpause 2018:
Bekenntniskraft und Differenzierungsmut

Die politische Lage in Deutschland, Europa und der Welt ist zur Zeit dadurch geprägt, dass vieles ins Wanken zu geraten scheint, was wir für (allzu) selbstverständlich stabil hielten. Manches wird medial zugespitzt, aber das darf nicht dazu führen, dass man Fundamentalisten und Populisten verschiedenster Art das Feld überlässt und sich in die Kuschelecke der schweigenden Mehrheit verkriecht.

Dabei sind der Mut zu klaren Standpunkte und die Kraft zur Differenzierung kein Widerspruch, sondern das Rückgrat freiheitlicher Demokratie.  Man mag den Vergleich mit dem Niedergang der Weimarer Republik für übertrieben halten, aber dass die erste Demokratie auf deutschem Boden gescheitert ist, weil Extremisten und Ideologen die Regie übernommen haben, sollte uns eine Warnung sein.

Deshalb dürfen Demokraten keine Zweifel daran aufkommen lassen, dass

-          Menschlichkeit der entscheidende Maßstab der Politik bleiben muss. So ist es nicht akzeptabel, wenn bei uns zu viele so tun, als gingen uns die Toten auf dem Mittelmeer nichts an. Manche gehen sogar soweit, dass sie darin eine (zumindest klammheimlich) akzeptierte Abschreckung gegen weitere Fluchtbewegungen aus Afrika sehen. Wo solcher Zynismus den zum Grundton wird, ist das Ende einer Gesellschaft mit menschlichem Gesicht eingeläutet.

-          Nationalismus führt in die Irre führt. So muss man dem US-Präsidenten Trump energisch entgegentreten, wenn die NATO für überflüssig hält, die EU zum „Feind“ („foe“) erklärt, wichtige UN-Organisationen verlässt und das Pariser Klimaabkommen kündigt. Zuletzt hat er in seiner nationalistischen Verblendung sogar die Bewohner des NATO-Mitgliedsstaates Montenegro als „sehr aggressive Menschen“ bezeichnet und die NATO-Bestandspflicht für das kleine Land in Frage gestellt. Wer sich selbst so absolut setzt, setzt das friedliche Miteinander aufs Spiel.

-          einfache Antworten keine Probleme lösen. So muss man rechte und linke Populisten bekämpfen, die so tun, als müsse man sie nur an die Macht lassen und schon gebe es die heile Welt. Sie nehmen für sich selbst in Anspruch, für „das Volk“ zu so sprechen, um so denen die Daseinsberechtigung abzusprechen, die anderer Meinung sind. Wahrheitsansprüche und Aggressionspotentiale sind zwei Seiten der gleichen Medaille und ersetzen den Schutz der Schwachen durch das Faustrecht der Starken. Wo sich das durchsetzt, sind Vielfalt und Freiheit am Ende.

-          es keinen Mittelweg zwischen Demokratie und Diktatur gibt. Wer sich wie Trump mit Putin verbrüdert, wer wie Erdogan in weniger als zwei Jahren 160.000 Menschen verhaften und ebenso viele aus dem Staatsdienst entlassen lässt, wie Orban seinem Land eine „illiberale Demokratie“ als Staatsform verpassen will oder wie in Polen in Unabhängigkeit der Gerichte zerstört, muss auf klaren Widerspruch stoßen. Nicht nur Diktaturen sind die Feinde der Demokratie, sondern auch diejenigen, die der Faszination absoluter Macht erliegen.

Zum Bekenntnismut des klaren Standpunktes in Grundfragen gehört beim Demokraten der Mut zur Differenzierung bei der Lösung von Problemen und die Kraft Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Dazu gehört, dass

-          wir Israel für die Rettung dankbar sind für die Rettung der „Weißhelme“ aus Syrien.  Es ist entlarvend, dass das von Putin unterstützten Assad-Regime diese Helfer für viele Notleidende verfolgt. Gut ist, dass die Bundesregierung ohne  langes Hin und her zur Aufnahme dieser Menschen bereit ist.

-          über das Flüchtlingsthema nicht so geredet werden sollte, als habe sich nichts geändert. Im Juni wurden in Deutschland noch ca. 13.000 Asylanträge gestellt (ebenso wie in den Vormonaten) - und das bei über 80 Mio Einwohnern. Leider haben auch Teile der CSU den Eindruck erweckt, Deutschlands größtes Problem seien, die monatlich 150 Menschen an der deutsch-österreichischen Grenze, die bereits in einem anderen Land einen Visumsantrag gestellt haben. Horst Seehofer sagte auf die Frage, ob sich dafür der heftige Streit gelohnt habe: „Auf die Masse kommt es nicht an.“ Merke: Wer kleine Probleme zu großen Macht, kann keine Zeit mehr, die wirklich großen Probleme zu lösen.

-          die Sackgasse, in die die knappe Referendums-Mehrheit zum EU-Austritt die Briten geführt hat, nicht zur Aufgabe zentraler Errungenschaften der europäischen Einigung führen darf. Das gilt auch von den Vorschlag von Premierministerin May, von der EU offene Grenzen für Waren zu fordern, aber für Kapital, Arbeitskräfte und Dienstleistungen zu verweigern. Es ist gerade diese Freiheitseinschränkung, die der europäische Binnenmarkt überwunden hat. Vor allem ist es nicht akzeptabel, Menschen die Freiheit verweigern, die man für Waren in Anspruch nehmen will.

-          es wichtigere Probleme gibt als einen Rücktritt aus unserer Fußball-Nationalmannschaft. Es ist bezeichnend, dass alle möglichen Leute mit Schwarz-Weiß-Statements in jede beliebige Richtung den Rücktritt von Mesut Özil für eigene PR instrumentalisieren. Damit hat Özil allerdings mit seiner merkwürdigen PR-Aktion selbst den Anlass geboten. Seine Erklärung für das Bild mit dem Autokraten Erdogan ist nicht überzeugend, sein pauschaler Rassismus-Vorwurf gegen den DFB ist Unsinn und sein Rücktritt aus der Nationalmannschaft zeigt nicht das Scheitern der Integration in Deutschland. Es gibt Angriffe auf Özil, die verabscheuungswürdig rassistisch sind, das heißt aber nicht, dass man ihn nicht kritisieren darf. Wer sich öffentlich für viel Geld vermarktet, muss auch öffentliche Kritik einstecken können.

Übrigens: Man mag an Angela Merkel manches kritisieren und es ist auch nicht überraschend, dass die Kritik mit der Länge der Amtszeit zunimmt. Aber in diesen unruhigen Zeiten zeigt sie die Ruhe in der Problemlösung und Beständigkeit im Grundsatz auf die es ankommt. Oder um den letzten Satz eines langen sehr kritischen Berichts über Helmut Kohl zu zitieren: „Dass das rote Telefon auf seinem Nachttisch steht, beruhigt mich doch.“ Das gilt auch für Angela Merkel.

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